Diese Aufnahme des hawaiianischen Canada-France-Hawaii-Telescope hat die Ergebnisse der indischen Messungen bestätigt: Die Galaxie AGC 203001 ist von einem exzentrischen Ring aus Wasserstoff umgeben, rötlich dargestellt. Die beiden kleineren roten Flecken rechts darunter stehen für die Wasserstoff-Ansammlungen bei zwei anderen Galaxien.
Foto: O. Bait (NCRA-TIFR/GMRT), Duc (ObAS/CFHT)

Vor kurzem erst berichteten dänische Forscher von der Entdeckung junger Galaxien, die von riesigen "Kokons" aus – relativ – schweren Elementen umgeben sind: Sauerstoff und Stickstoff, vor allem aber Kohlenstoff. Welcher Prozess diese Elemente, die eigentlich nur im Inneren von Sternen entstehen können, bis zu 30.000 Lichtjahre in den intergalaktischen Leerraum hinausgetragen hat, ist noch unbekannt.

Und schon ist das nächste großmaßstäbliche Phänomen gesichtet worden. Diesmal handelt es sich um einen Ring aus Wasserstoff mit dem beeindruckenden Durchmesser von 380.000 Lichtjahren. Damit ist er fast viermal so groß wie die Milchstraße und bedeutend größer als die Galaxie AGC 203001, in deren Umfeld ihn indische Astronomen entdeckt haben. Die Entfernung der Galaxie zu uns beträgt etwa 260 Millionen Lichtjahre.

Erst wurde der Wasserstoff entdeckt ...

Schon bei groben Untersuchungen der betreffenden Himmelsregion wurden im Bereich von AGC 203001 hohe Konzentrationen von neutralem (also nicht-ionisiertem) Wasserstoff festgestellt, die die typische HI-Linie zeigen. Soll heißen: Sie werden bei Radiostrahlung mit einer Wellenlänge von 21 Zentimetern erkennbar, das Charakteristikum von neutralem Wasserstoff.

Diese Messwerte passten zu gängigen Modellen, wonach es in Galaxien mit einer hohen Entstehungsrate neuer Sterne große Ansammlungen von Wasserstoff gibt. Im Fall von AGC 203001 wirkte die Verteilung aber seltsam genug, dass ein Team um Omkar Bait vom National Centre for Radio Astrophysics in Pune mit dem dortigen Giant Metrewave Radio Telescope hochauflösende Messungen der Region durchführte.

... dann die Struktur, die er bildet

Diese zeigten dann, dass der Wasserstoff einen gigantischen Ring bildet, der sich weit über die sichtbaren Teile der Galaxie hinaus erstreckt. Er ist allerdings nicht konzentrisch, sondern etwas "zur Seite" verschoben. Noch mehr erstaunte die Forscher, dass der Ring keineswegs mit jungen Sternen einhergeht: Ein Vergleich mit Untersuchungsdaten aus dem sichtbaren Teil des Spektrums ergab, dass der Ring keine Sterne enthält.

AGC 203001 ist laut den Forschern erst der zweite Fall, in dem man eine solche Struktur gefunden hat. Als Erklärung für einen "verrutschten" Ring würde sich anbieten, dass die betreffende Galaxie in der Vergangenheit mit einer Nachbarin kollidiert ist. Trotzdem sollten solche Ringe Sterne enthalten – warum der von AGC 203001 keine hat, bleibt ein Rätsel. Das Team will nun weitere Galaxien auf ihre Wasserstoffverteilung untersuchen, um vielleicht doch noch Hinweise auf die Entstehung solcher Ringe zu finden. (red, 7. 1. 2020)