Hunderttausende Iraner nahmen am Montagmorgen in der Hauptstadt Teheran an einer Trauerzeremonie für Soleimani teil.

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Iraner bei einem Trauerzug für Soleimani in der nordwestlichen Stadt Ahvaz.

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Sitzung des irakischen Parlaments (Archivfoto).

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"Soleimanis Weg wird auch ohne ihn weitergeführt, aber die Kriminellen erwartet eine schwere Rache."

Irans oberster Führer Ali Khamenei am 3. Jänner

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"Die USA haben einen schweren Fehler begangen, und es wäre nicht ratsam, sie ungestraft davonkommen zu lassen."

Irans Präsident Hassan Rohani am 4. Jänner in einem Telefonat nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna

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"Sie haben uns angegriffen, und wir haben zurückgeschlagen. Falls sie wieder angreifen, wovon ich ihnen stark abraten würde, werden wir sie härter treffen als sie je zuvor getroffen wurden."

US-Präsident Donald Trump am 5. Jänner auf Twitter

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"Das Ziel war es nicht, einen Krieg zu beginnen. Es ging in der Tat darum, einen zu stoppen. Präsident Trump hat auch klargemacht, dass er schnell und entschlossen reagieren wird, wenn das Leben von Amerikanern in Gefahr ist."

US-Außenminister Mike Pompeo in einem Fernsehinterview am 3. Jänner

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US-Soldaten des ersten Brigade Combat Teams der 82. Luftlandedivision bereiteten sich am Sonntag in Fort Bragg, North Carolina, für ihre Entsendung in die Golfregion vor.

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Teilnehmer der Trauerkundgebung am Montagmorgen in Teheran.

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Die Tötung des hochrangigen iranischen Generals Ghassem Soleimani durch die USA sorgt weiterhin für Aufruhr und zahlreiche Konsequenzen. So hat das irakische Parlament am Sonntag die Regierung aufgefordert, alle ausländischen Truppen des Landes zu verweisen. Zudem sollen ausländische Streitkräfte künftig auch den irakischen Luftraum nicht mehr nutzen dürfen. Der Beschluss ist rechtlich nicht bindend. Die USA haben derzeit vor allem für den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) rund 5.000 Soldaten im Irak stationiert.

US-Präsident Donald Trump sagte in der Nacht auf Montag, er werde keinem Abzug der US-Truppen zustimmen, und drohte dem Irak mit Sanktionen bei einem Truppenabzug. Dieser sei nur dann möglich, "wenn sie uns zahlen". Gemeint ist damit eine laut Trump offene Rechnung in Höhe von Milliarden Dollar, die der Irak Washington für die Errichtung eines Luftwaffenstützpunkts schulde.

Millionen bei Trauerfeiern in Teheran

Staatlichen Medien zufolge ging die Zahl der Teilnehmer an den Trauerfeiern für Soleimani in Teheran am Montag in die Millionen. Das Ausmaß erinnerte an das Begräbnis von Ayatollah Ruhollah Khomeini 1989, der die Islamische Republik gegründet hatte. Am Montag skandierte die Menge "Tod Amerika", während der mit einer iranischen Flagge bedeckte Sarg Soleimanis über die Köpfe der Menschen gereicht wurde. Dem geistlichen und staatlichen Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, versagte bei der Trauerfeier die Stimme. In Aufnahmen des Staatsfernsehens war auch zu sehen, wie Khamenei vor der Menge in Teheran Tränen vergoss.

Über die brisante Lage am Persischen Golf diskutierten am "Runden Tisch" des ORF Karin Kneissl (Ex-Außenministerin und Nahost-Expertin), Walter Feichtinger (Landesverteidigungsakademie, Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement) und Heinz Gärtner (Politikwissenschafter).
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Soleimani, Chef der al-Quds-Einheit der iranischen Revolutionsgarden und einer der wichtigsten iranischen Militärs, wurde am Freitag gemeinsam mit sieben anderen Personen bei einem US-Drohnenangriff auf dem Flughafen von Iraks Hauptstadt Bagdad getötet. Unter ihnen war der schiitisch-irakische Milizenführer Abu Mahdi al-Muhandis. Seither verschärfen sich die Spannungen in der Region quasi stündlich.

Am Sonntagabend verkündete das staatliche iranische Fernsehen: Der Iran werde seine Urananreicherung entsprechend seinen Bedürfnissen ohne Einschränkungen betreiben. Das kommt in Teilen einem Ausstieg aus dem Atomabkommen gleich. Der Iran will jedoch seine Kooperation mit der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) fortsetzen und erklärte sich bereit, die Maßnahme zurückzunehmen, wenn Washington die Sanktionen gegen den Iran einstelle. Die USA hatten das Atomabkommen von 2015 zwischen dem Iran und den fünf UN-Vetomächten sowie Deutschland bereits im Mai 2018 aufgekündigt.

Raketenangriffe in Bagdad

Kurz nach der Ankündigung über die Absicht des Iran, Uran ohne Einschränkungen anzureichern, meldeten Nachrichtenagenturen und Journalisten am Samstag auf Twitter erneut Explosionen in Bagdad – in der Nähe der US-Botschaft. Insgesamt sechs Raketen vom Typ Katjuscha sollen in der Hauptstadt eingeschlagen sein. Es soll laut Polizeikreisen sechs Verletzte geben.

Trump droht weiteres mögliches Kriegsverbrechen an

Inmitten der Berichte über Raketenangriffe in Bagdad twitterte Trump: "Sollte der Iran eine US-Person oder ein US-Ziel angreifen, werden wir schnell und möglicherweise in unverhältnismäßiger Weise zurückschlagen. Diese Warnung ist zwar nicht rechtlich erforderlich, ich gebe sie dennoch!" Dass der Tweet, so wie von Trump behauptet, die gesetzlich vorgeschriebene "Notifizierung" des Kongresses über einen möglichen Kriegseinsatz des US-Militärs ersetzen kann, bestreiten allerdings viele US-Verfassungsexperten. Ebenfalls merken viele Juristen an, dass ein "unverhältnismäßiger" Angriff gegen Völkerrecht verstoßen und, sofern er Zivilistinnen und Zivilisten trifft, ein Kriegsverbrechen darstellen würde.

Es wäre das zweite von Trump in Aussicht gestellte Kriegsverbrechen innerhalb von 24 Stunden. In der Nacht davor hatte er bereits gedroht, iranische Kulturstätten zu bombardieren, was ebenfalls international geächtet ist.

Knapp zwei Stunden nach Trumps Tweet antwortete der Auswärtige Ausschuss des US-Repräsentantenhauses ebenfalls auf Twitter: "Dieser Medienpost soll daran erinnern, dass laut Verfassung der Kongress das Recht hat, den Krieg zu erklären (war powers). Und dass Sie den War-Powers-Act lesen sollten. Und dass Sie kein Diktator sind." Als Präsident ist Trump zwar Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte, inwieweit der Präsident oder das Weiße Haus befugt sind, Angriffe ohne Zustimmung des Kongresses einzuleiten, ist aber immer wieder Gegenstand von Kontroversen.

Angesichts der wachsenden Spannungen hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg für Montag um 15 Uhr eine dringende Sitzung des Nordatlantikrats angesetzt. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn warnte das Militärbündnis davor, den Ausbildungseinsatz im Irak zu beenden.

Deutschland, Großbritannien und Frankreich forderten alle Seiten zu "äußerster Zurückhaltung" auf. "Es kommt nunmehr entscheidend darauf an zu deeskalieren", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Regierungschefs.

Freude in bei Regierung in Jerusalem

Nirgendwo hat die Tötung Soleimanis wohl so viel Freude und Erleichterung ausgelöst wie bei der Regierung in Israel. Überschwänglich lobte Regierungschef Benjamin Netanjahu seinen engsten Bündnispartner Trump für dessen "entschlossenes, starkes und schnelles Vorgehen" gegen Israels Erzfeind.

"Soleimani hat viele Terroranschläge im ganzen Nahen Osten und anderswo initiiert, geplant und ausgeführt", sagte Netanjahu am Sonntag. Israels Sicherheitskabinett wollte sich am Montagnachmittag mit den möglichen Auswirkungen befassen.

Pompeo weist weitere Kritik zurück

In den USA steht Trump indes auch innenpolitisch unter Druck. Führende Demokraten stellten die Darstellung der Regierung hinsichtlich der Bedrohung durch Soleimani infrage. Der Angriff war vom US-Außenamt damit begründet worden, dass mit der Tötung Soleimanis wiederum Angriffe auf "tausende US-Amerikaner" verhindert worden seien. Mitarbeiter des Außenamts konnten am Freitag die Bedrohungslage nicht konkret erklären.

Der US-Präsident wolle die Öffentlichkeit offenbar über die Hintergründe des Militäreinsatzes gegen den Iran im Dunkeln lassen, erklärte daraufhin Nancy Pelosi, die Frontfrau der Demokraten, am Samstagabend. Außerdem kündigte Pelosi eine Resolution an, mit der die militärischen Möglichkeiten Trumps hinsichtlich des Iran begrenzt werden sollen. Die Abstimmung in der Kongresskammer soll noch in dieser Woche erfolgen.

Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsquellen, dass die Erkenntnisse der Geheimdienste "dünn" gewesen seien. Trump habe mit der Entscheidung, den Angriff auf Soleimani anzuordnen, seine eigenen Berater und das Militär überrascht.

Pompeo wies diese Zweifel am Sonntag zurück. Die Erkenntnisse der Geheimdienste hätten eindeutig auf einen unmittelbar bevorstehenden Angriff Soleimanis hingewiesen. Es habe bei der Entscheidung für den Luftschlag unter den Entscheidern "keine Skepsis" gegeben, sagte er dem Sender ABC.

Reisewarnung für Irak

Angesichts der angespannten Lage in der Region hat das Außenministerium in Wien eine Reisewarnung (Sicherheitsstufe 6) für den ganzen Irak ausgesprochen. Für den Iran gilt Sicherheitsstufe 3 (hohes Risiko) in einigen Grenzgebieten, Sicherheitsstufe 2 (erhöhtes Sicherheitsrisiko) für den Rest des Landes.

Auch die Ölpreise blieben von der Eskalation nicht unberührt: Am Montag stieg der Preis für US-Rohöl der Sorte West Texas Intermediate (WTI) in der Früh zeitweise bis auf 64,72 Dollar (58,06 Euro) je Barrel (159 Liter). Damit erreichte der Preis den höchsten Stand seit vergangenem April. (red, 6.1.2020)