Sam Mendes hat mit seinem Werk "1917" eine Auszeichnung für das beste Drama und eine weitere für die beste Regie erhalten.

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Quentin Tarantino gewann mit "Once Upon a Time in Hollywood" in den Kategorien beste Komödie und bestes Drehbuch.

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Der Auftakt der Golden-Globe-Gala war ein Humorfeuerwerk. Okay, die Show dauerte dann noch 180 weitere Minuten. Ricky Gervais, sechstes Mal Host der Gala der Hollywood Foreign Press und bewährtes britisches Lästermaul, wollte zum Abschied noch einmal alles geben. Und tat's.

"Wir werden alle bald sterben, und es gibt kein Sequel!" Darauf folgte ein achtminütiger Monolog, in dem Gervais nichts heilig war. Pädophiliewitze (von der Angst vor Ronan Farrow bis zum nominierten "The Two Popes"), Spott für die Diversitätsfrömmelei (die Liste der Toten: viel zu weiß!), boshafte Gedanken zur Konkurrenz der Streamer – oder was Judi Dench mit der von ihr verkörperten Katzenlady in "Cats" verbindet (Stichwort: Katzenpowäsche).

Tom Hanks Gesicht

Und das war noch lange nicht alles. Zur Doppelmoral des sich bei festlichen Anlässen gerne fortschrittlich zeigenden Hollywood, das bei diversen Entertainmentriesen im Lohn steht, bemerkte Gervais scharf: "Wenn der IS einen Streamingdienst starten würde, riefen Sie alle gleich Ihren Agenten an, nicht wahr?" Das fand nicht jeder witzig.

Insbesondere Tom Hanks' Gesicht glich einem Emoticon für schlechte Laune. Als Ansage für eine Gala, bei der sich Stars gerne als Autorität geben, war so viel Häme erfrischend – "die meisten von euch haben weniger Zeit in der Schule verbracht als Greta Thunberg". Wie macht man nach solchen Sätzen weiter?

Sir Elton John wurde für den besten Filmsong geehrt. Für "Rocketman", den Film über sein Leben, gab es zwei Auszeichnungen.
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Natürlich fast wie immer. Der ägyptisch-amerikanische Comedian Rami Youssef (für seine TV-Serie "Ramy" prämiert) konterte immerhin damit, dass er sich bei Allah (und Hulu, dem Streamingdienst) bedankte. Ansonsten setzte sich die traditionelle Form durch, wobei die Buschfeuer in Australien bei etlichen Rednern dafür Anreize lieferten, auf die Herausforderung des Klimawandels einzugehen.

Politische Dankesreden

Wie weit die Grünbewegung über das gallische Dorf Kalifornien hinausreicht, sei dahingestellt. Auf Trumps jüngste Kriegsrhetorik gegenüber dem Iran ging nur Patricia Arquette ("The Act") ein, die immer für klare Aussagen gut ist. Die näher rückende US-Wahl und der Aufruf, das Stimmrecht im frauenpolitischen Sinn zu nützen, griff Michelle Williams ("Fosse/Verdon") in einer der wenigen vorbereitet wirkenden Dankesreden auf emphatische Weise auf.

Die schonungslose Eröffnungsrede hielt wieder einmal Ricky Gervais.
The Sun

Zum größten Verlierer des Abends wurde der Favorit Netflix, der von 34 Nominierungen nur enttäuschende zwei einlösen konnte: Laura Dern gewann für ihren Part als ausgefuchste Anwältin den einzigen Pokal für "The Marriage Story", Olivia Colman wurde als beste Hauptdarstellerin der Dramaserie "The Crown" prämiert.

Gedemütigter Scorsese

Martin Scorsese, der mit seinem Star-Cast an einem Tisch saß, wirkte im Verlauf des Abends immer grimmiger, "The Irishman" gewann kein einziges Mal. Da half es auch nichts, dass Sam Mendes, der für sein Erster-Weltkrieg-Drama "1917" überraschend gleich doppelt ausgezeichnet wurde (beste Regie, bester Film), artig sagte, dass jeder im Saal anwesende Filmemacher im Schatten des italoamerikanischen Maestros stehe.

Für sein Lebenswerk mit dem Cecil B. DeMille Award ausgezeichnet: Tom Hanks.
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Die 93 Mitglieder der Hollywood Foreign Press Association, die bei den Globes abstimmen, wollten offenbar ein Zeichen für großes Kino setzen, das auch im Kino zu sehen ist: "1917" ist in Plansequenzen, also in eindrucksvoll orchestrierten Szenen mit kaum Schnitten, gedreht (Kameramann ist Roger Deakins). Auch der zweite große Gewinner des Abends, Quentin Tarantinos dreimal prämierter "Once Upon a Time in Hollywood", ist eine dezidiert fürs Kino gemachte Hommage an die Underdogs einer filmischen Glanzzeit.

Ob das Bild bei den Oscars, wo hundertmal mehr Menschen abstimmen, ähnlich aussehen wird, ist mehr als ungewiss. Für Netflix bleibt alles offen. Die Globes standen nach einem explosiven Anfang im Abendlicht der Nostalgie. (Dominik Kamalzadeh, 6.1.2020)