Noch friert der mächtige Songhua im Stadtgebiet der chinesischen Millionenmetropole Harbin zu.
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Chapel Hill – Breite Flüsse werden infolge der fortschreitenden Klimaerwärmung künftig seltener zufrieren. In der Praxis wird dieser Trend aufgrund der geografischen Bedingungen fast ausschließlich die Nordhalbkugel betreffen, bilanziert eine aktuelle Studie von US-Forschern, die in "Nature" veröffentlicht wurde. Da zugefrorene Flüsse im Winter oft als Fahrwege für die Versorgung von abgelegenen Siedlungen genutzt werden, könne ein Rückgang der Eisbedeckung konkrete Auswirkungen auf das Leben in den betroffenen Regionen haben.

"Trotz der weitreichenden Bedeutung des Flusseises ist das Wissen über seine globale Ausdehnung und Veränderung äußerst begrenzt", schreiben die Wissenschafter. In den vergangenen drei Jahrzehnten sei der Anteil der von Eis bedeckten Flussfläche global gesehen im Schnitt um 2,5 Prozentpunkte gesunken. Am stärksten betroffen waren demnach das Hochland von Tibet, Osteuropa und Alaska.

Langzeitvergleich

Xiao Yang von der University of North Carolina in Chapel Hill (North Carolina, USA) und sein Team hatten mehr als 400.000 Satellitenbilder aus den Jahren 1984 bis 2018 ausgewertet und daraus Zukunftsmodelle errechnet. In ihrer Arbeit konzentrierten sich die Forscher auf breite Flussläufe. Mithilfe eines bereits vorhandenen Algorithmus ermittelten sie die Ausdehnung der Eis- und Wasserflächen zum Zeitpunkt der jeweiligen Aufnahme. Demnach erreicht über den Zeitraum von 1984 bis 2018 die globale Eisbedeckung großer Flüsse im März mit 56 Prozent ihren Höhepunkt, im August ist die Eisbedeckung mit 0,6 Prozent am niedrigsten.

Dabei liegen die meisten zugefrorenen Flüsse in der nördlichen Hemisphäre, im Süden frieren Flüsse den Forschern zufolge lediglich in Neuseeland, dem südlichen Zipfel der Anden in Südamerika und der südlichsten Region Australiens zu. In der nördlichen Hemisphäre gibt es insbesondere hoch im Norden – in Russland und Kanada – viel Flusseis.

Die absehbare Entwicklung

Yang und Kollegen entdeckten einen linearen Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur an der Oberfläche und der Eisbedeckung der Flüsse. Dies erlaubte ihnen, die weitere Entwicklung des Flusseises im Zuge des Klimawandels zu berechnen. Sie gehen davon aus, dass selbst bei einer vergleichsweise moderaten Klimaentwicklung die Flusseisbedeckung in der nördlichen Hemisphäre im Monat März vom Zeitraum 2009-2029 bis zum Zeitraum 2080-2100 um 2,4 Prozentpunkte zurückgeht.

"Letztlich zeigt diese Studie, wie wichtig es ist, riesige Mengen an Satellitenbildern mit Klimamodellen zu kombinieren, um besser zu projizieren, wie sich unser Planet verändern wird", erklärt Ko-Autor Tamlin Pavelsky von der University of North Carolina. (red, APA, 6. 1. 2020)