Tg Stan zeigen in ihrem Stück ein Gipfeltreffen berühmter Filmregisseure.

Foto: Tim Wouters

Gut Ding braucht Weile. Und so kommt es, dass das flämische Theaterkollektiv Tg Stan das erste Mal seit unendlichen siebzehn Jahren wieder in Wien spielt. Kaum zu glauben, da doch die belgische Tanz- und Performanceszene in Österreich gut eingeführt ist. Es ist inzwischen viel passiert. Tg Stan gingen in die Ferne, nach Tokio, Rio de Janeiro und Québec. Es ist zu einer gepflegten Praxis der Gruppe geworden, manche Produktionen in der Sprache des Gastlandes zu erarbeiten. Das macht Arbeit!

Aber wer sind Tg Stan überhaupt? Der Name gibt es nicht preis. Doch einmal entschlüsselt, erweist er sich als durchaus sinnfällig. Die Buchstaben "Tg" stehen für das vielsilbige flämische Wort Toneelspelersgezelschap, was so viel wie Theaterkompanie bedeutet. Und im Akronym "Stan" liegt das Bekenntnis zu antipersonalisierter Kunst: Stop Thinking About Names.

Vier Schauspielabsolventen wollten sich 1989 nicht in den institutionalisierten Theaterbetrieb einschleusen und gründeten in Antwerpen Tg Stan mit dem Ziel, eine eigene Bühnensprache mit klarem Fokus auf die Schauspieler zu entwickeln.

Vergrößerung der Illusion

Tatsächlich ging es den Gründungsmitgliedern Jolente De Keersmaeker, Damiaan De Schrijver, Waas Gramser und Frank Vercruyssen um Theater, das ohne Regisseur oder Regisseurin auskommt und das das Schauspiel in den Mittelpunkt rückt. Es geht dabei um die lustvolle Vergrößerung der Illusion, die Übertreibung im Spiel, die Suche nach dem exzessiven Punkt und die persönliche Auseinandersetzung jedes Einzelnen mit dem Stoff.

Zur Eigenwilligkeit der Truppe gehört auch, sich Widersprüchen gezielt auszuliefern. Zum Beispiel innerhalb eines Dramentextes; da gibt es keinen Kompromiss zu "runden Sachen". Das Repertoire hat eine sozialkritische Stoßrichtung, vielleicht ist das aber schon zu viel gesagt.

Von Bergman zu Bernhard

Denn bei genauerer Betrachtung zieht die Stückauswahl querfeldein weite Kreise, von Anton Tschechow bis Yasmina Reza, von Goethe zu Shakespeare und Tiago Rodrigues, Heiner Müller, Gombrowicz, Gorki oder Oscar Wilde. Auch Ingmar Bergman ist dabei. Eine im Verlauf von zwanzig Jahren realisierte Trilogie (1993–2013) ist Thomas Bernhard gewidmet.

Mit dem sehr lustigen Gipfeltreffen der Großregisseure François Truffaut und Alfred Hitchcock – Titel ist Que sera sera / Hitchcock Truffaut Cavett Godard / Pour qui pour quoi – gastiert Tg Stan nun zweimal in Le Studio (aka Studio Molière) in Wien.

Das Stück speist sich aus einschlägigen Quellen, vor allem dem Interviewmaterial, das aus insgesamt über sechzig Stunden dauernden Gesprächen Truffauts mit Hitchcock in den 1960er-Jahren hervorgegangen ist.

Obacht, Kekse!

Das daraus entstandene Buch Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? gilt vielen als Bibel der Filmkunst. Auch der Dokumentarfilm Hitchcock/Truffaut von 2015 handelt von diesem Buch. Man kann Tg Stan als das belgische Pendant zu Forced Entertainment betrachten. Das Publikum ist also herausgefordert. Merke: Es werden Kekspackungen fliegen.