Ökonomen orten in den EU-Handelsdaten massiven Umsatzsteuerbetrug. Den EU-Staaten entgehen demnach bis zu 60 Milliarden Euro pro Jahr.

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Berlin – Die offiziellen Handelsdaten der EU deuten einer Studie der Wirtschaftsinstitute IfW und Ifo zufolge auf einen Umsatzsteuerbetrug in großem Stil hin. Die EU komme mit sich selbst auf einen Handelsüberschuss von 307 Milliarden Euro, obwohl hier bei einer korrekten Erfassung aller Im- und Exporte am Ende eine Null stehen müsste, geht aus der am Dienstag veröffentlichten Analyse der Daten aller 28 EU-Mitglieder hervor.

Messfehler alleine könnten diese systematische Abweichung nicht erklären, hieß es. Vielmehr scheint dahinter ein massiver Umsatzsteuerbetrug zu stecken, der die EU-Staaten 30 bis 60 Milliarden Euro pro Jahr koste.

Experten empfehlen Datenabgleich

"Wenn Unternehmen Umsätze als Exporte deklarieren, sind diese von der Umsatzsteuer befreit", sagten der Präsident des IfW, der Österreicher Gabriel Felbermayr, und Ifo-Forscher Martin Braml. "Werden diese Umsätze aber gar nicht im Ausland erzielt, sondern im Inland, fehlen sie in der Importstatistik des angeblichen Handelspartners und bleiben damit unversteuert."

Die gesamte Welt hatte 2018 einen Handelsüberschuss von 357 Milliarden Euro mit sich selbst. Damit geht die globale Abweichung zu 86 Prozent auf die EU zurück. Die beiden Experten empfehlen einen digitalen, automatisierten Datenabgleich von Importen und Exporten innerhalb der EU, um Bilanzfehler künftig zu verringern und Betrug zu erschweren.

Unterschiedliche Bilanzqualität

Im Durchschnitt werden den Mitgliedsländern 18 Prozent zu viel Warenexporte und 26 Prozent zu viel Dienstleistungsexporte gemeldet, berichteten das Institut für Weltwirtschaft (IfW) und das Ifo-Institut. Besonders ausgeprägt seien die Unterschiede zwischen Nachbarstaaten und Mitgliedsländern mit größeren Unterschieden in den Mehrwertsteuersätzen.

Dabei sei die Bilanzqualität der einzelnen Staaten höchst unterschiedlich. Die beste Datenqualität lieferten die Niederlande. Deutschland liege im vorderen Mittelfeld. Zypern, Irland, Luxemburg und Schweden weisen demnach die größten Abweichungen auf. (APA, Reuters, 7.1.2020)