Nachdem sich die Hoffnung auf steigende Zinsen in der Eurozone als unbegründet erwiesen hatte, langten Investoren im Vorjahr am österreichischen Immobilienmarkt wieder kräftig zu – und zwar stärker als jemals zuvor. Insgesamt 5,9 Milliarden Euro sind 2019 laut dem Beratungsunternehmen CBRE in Betongold geflossen. Das sind um 39 Prozent mehr als im Jahr zuvor und 17 Prozent mehr als im bisherigen Rekordjahr 2017. Richtig ins Rollen kam die Nachfrage im zweiten Halbjahr, in dem 3,7 Milliarden veranlagt wurden. Im September zementierte die EZB ihre ultraexpansive Geld- und Zinspolitik de facto auf Jahre ein.

Stark nachgefragt waren vor allem Büroimmobilien, fast ein Drittel des Gesamtvolumens floss in diesen Bereich. Im Vorjahr war die Fertigstellungsrate am Wiener Büromarkt CBRE zufolge mit rund 42.000 Quadratmetern so gering wie noch nie. Dies habe das Angebot stark eingeschränkt, die Leerstandsrate lag mit 4,8 Prozent auf sehr niedrigem Niveau. Die Lage werde sich zwar wieder etwas entspannen, allerdings bleibe das Angebot limitiert, da der Großteil der erwarteten Fertigstellungen für heuer und 2021 bereits vorvermietet sei. Allerdings gaben die Spitzenrenditen bei Büros 2019 auf 3,45 Prozent leicht nach.

Mehrheit aus Ausland

Die Mehrzahl der hauptsächlich institutionellen Investoren stammte im Vorjahr mit 55 Prozent aus dem Ausland. Dabei sind im Vorjahr 23 Prozent des Volumens in Wohnimmobilien geflossen. Zudem investierten Anleger 16 Prozent, in Einzelhandels- und Logistikimmobilien wurden weitere 15 bzw. acht Prozent des Gesamtvolumens veranlagt.

Auch in Deutschland hielt der Immobilienboom, im Bild die Frankfurter Skyline, im Vorjahr weiter an.
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Unterdessen ortete das Hamburger Gewos-Institut am deutschen Immobilienmarkt nach zehn Boomjahren weiterhin einen starken Preisauftrieb. Demnach verteuerten sich Eigentumswohnungen durchschnittlich um 8,2 Prozent, pro Quadratmeter wurden im Schnitt 2030 Euro fällig. Besonders stark erhöhten sich die Preise in Großstädten wie Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf. Auffallend: Die Schere zwischen Eigentum und Miete öffnete sich damit im Vorjahr weiter, denn Neuvertragsmieten erhöhten sich Gewos zufolge um 3,7 Prozent.

In den zehn Jahren seit 2008 haben die Preise für Wohnimmobilien laut dem Deutschen Bundesamt um fast die Hälfte zugelegt. Seit 2015 hat sich der Boom weiter beschleunigt und auch dünner besiedelte Regionen erfasst, also knapp bevor die EZB den Leitzins auf null Prozent herabsetzte, wo er noch heute verharrt – und dies wohl noch länger tun wird. Dementsprechend günstig sind seither Kredite für Immobilienkäufe, was den Preisauftrieb stetig anfacht.

Wohnungsnot in Deutschland

Gleichzeitig herrscht vielerorts Wohnungsnot. Auch im Vorjahr wurden in Deutschland mit etwa 300.000 Wohnungen deutlich weniger gebaut als von der Regierung geplant. Zum Vergleich: Mitte der 1990er-Jahre waren es noch mehr als 600.000 pro Jahr. "Deutschland steckt in einem Baustau", kommentierte der Bundesamtschef Georg Thiel die Entwicklung.

Dennoch warnen erste Stimmen vor Übertreibungen in den Städten. Die Blasengefahr sei hoch, weil die Preise den mittleren Einkommen enteilt seien, warnte der Immobilienspezialist Empirica. Das Institut für Wirtschaftsforschung sieht das Ampelsignal "auf Gelb", und die Deutsche Bundesbank hält die Preise für um 30 Prozent höher, als ökonomisch begründbar sei. Dem entgegnet die Helaba, dass die vergangenen Immobilienzyklen stets mit einer Rezession geendet hätten. Und eine solche ist für Bankexperte Stefan Mitropoulos nicht in Sicht. (aha, 8.1.2020)