Eine 737 der Ukraine International Airlines in Frankfurt.

Foto: APA/EPA/MAURITZ ANTIN

Bild nicht mehr verfügbar.

Rettungskräfte ...

Foto: AP/Nasiri

Bild nicht mehr verfügbar.

... am Einsatzort.

Foto: AP/Ebrahim Noroozi

Bild nicht mehr verfügbar.

Überreste des Flugzeugs.

Foto: AP/Nasiri

Ein Teil der Außenhaut.

Foto: EPA
Ein Video soll den Absturz kurz nach dem Start zeigen.
DER STANDARD

Teheran – Eine Passagiermaschine vom Typ Boeing 737-800 der Ukraine International Airlines ist im Iran kurz nach dem Start vom Imam Khomeini International Airport Teheran abgestürzt. Die Fluggesellschaft bestätigte, dass insgesamt 167 Passagiere und neun ukrainische Besatzungsmitglieder in dem Flugzeug gewesen seien. Zuvor war von 173 Toten die Rede gewesen. Es gibt keine Überlebenden.

Die kurz nach 5 Uhr gestartete Maschine mit der Flugnummer PS752 stürzte ersten Erkenntnissen zufolge auf ein offenes Feld nahe dem Teheraner Vorort Parand. Sie hätte gegen 8 Uhr in der ukrainischen Hauptstadt Kiew landen sollen. Ein Sprecher der Airline betonte, dass die Maschine zuletzt am 6. Jänner kontrolliert und dabei keine Mängel festgestellt worden seien.

Boeing soll Blackboxes nicht erhalten

Iranischen Medien zufolge hatte die Crew vor dem Unglück keine Notlage bekanntgegeben. Rettungskräfte haben mittlerweile den Flugschreiber und den Sprachrecorder, die sogenannten Blackboxes des Flugzeugs, gefunden. Die iranische Luftfahrtbehörde gab bekannt, dass diese nicht an den Hersteller Boeing übergeben werden sollen. Wo sie dann ausgewertet werden, erklärte der Vorsitzende Ali Abedzadeh nicht.

Technischer Defekt vermutet

Die Luftfahrtbehörde sprach von einem technischen Defekt als Ursache des Unglücks. Die ukrainische Botschaft im Iran zog am Mittwoch eine erste Stellungnahme dazu zurück und veröffentlichte eine zweite. Darin hieß es, die Ursachen des Absturzes seien noch nicht ermittelt. Frühere Einschätzungen dazu seien nicht offiziell gewesen. In der ersten Stellungnahme war noch von Triebwerksversagen die Rede gewesen und "Terrorismus" als Ursache ausgeschlossen worden.

In Kiew wurde Ministerpräsident Olexij Hontscharuk von Journalisten gefragt, ob das Flugzeug von einer Rakete abgeschossen worden sein könnte. Er warnte daraufhin vor Spekulationen, bevor die Ergebnisse einer Untersuchung bekannt seien. Flüge ukrainischer Maschinen durch den iranischen Luftraum seien jedenfalls ab Donnerstag verboten.

60 Millionen Dollar Schulden

Laut dem früheren ukrainischen Vizeverkehrsminister Alexander Kawa hatte die Fluglinie zwar finanzielle Schwierigkeiten und Schulden von umgerechnet 60 Millionen Dollar gegenüber dem Hauptflughafen Kiew-Borispol und der ukrainischen Flugaufsicht. "Informationen darüber, dass die Airline die Reparatur ihrer Flugzeuge nicht finanziert habe, gab es aber nicht", betonte er im Gespräch mit dem STANDARD. Das wäre auch schwierig, da die Maschinen geleast seien, so der Experte.

"Die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler der Besatzung ist minimal", betonte der Vizepräsident der Fluggesellschaft Igor Sosnowski: "Wir ziehen das schlichtweg nicht in Betracht."

In Kiew wurde ein Krisenstab einberufen. Ihm gehören neben Hontscharuk mehrere Minister und der Chef des Auslandsgeheimdiensts an. Der Stab sei auf Anordnung von Präsident Wolodymyr Selenskyj zusammengekommen.

Dieser warnte ebenfalls vor Spekulationen über die Absturzursache. "Ich bitte alle sehr, von Spekulationen und der Verbreitung ungeprüfter Versionen zur Katastrophe bis zur Veröffentlichung offizieller Informationen Abstand zu nehmen", schrieb er am Mittwoch auf Facebook. Er kündigte an, dass die Passagierliste veröffentlicht werden solle. "Wir werden klären, wer wirklich ins Flugzeug gestiegen ist, damit es keine Abweichungen gibt."

Laut dem ukrainischen Außenminister befanden sich 82 Menschen aus dem Iran an Bord, 63 aus Kanada, elf aus der Ukraine, zehn aus Schweden, vier Afghanen, drei Deutsche und drei Briten. Es gibt derzeit keine Hinweise, dass sich österreichische Passagiere an Bord befunden haben.

Boeing 737-800, nicht 737 Max

Nach Einschätzung eines Experten handelte es sich bei der abgestürzten Maschine um einen relativ neuen zweistrahligen Jet vom Typ Boeing 737-800. "Die Maschine wurde 2016 ausgeliefert, war also noch relativ neu und hatte auch keine anderen Vorbesitzer", sagte der Unfallforscher Jan-Arwed Richter vom Hamburger Jacdec-Flugsicherheitsbüro.

Es handle sich um den mit Abstand schwersten Absturz einer ukrainischen Zivilmaschine überhaupt. "Der Unfall war der erste tödliche Unfall seit der Betriebsaufnahme der Ukrainian International Airlines im Jahre 1994", erklärte Richter.

Bei der Boeing 737-800 handelt es sich um einen Mittelstreckenjet, der von Fluglinien weltweit eingesetzt wird. Er ist eine der modernsten Versionen des bewährten Flugzeugtyps – ist allerdings nicht zu verwechseln mit der Boeing 737 Max, die nach zwei folgenschweren Abstürzen mit weltweiten Flugverboten belegt wurde.

Angriff wenige Stunden zuvor

Kurz nach den iranischen Raketenangriffen auf Militärstützpunkte im Irak in der Nacht auf Mittwoch hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA US-Flugzeugen die Nutzung des Luftraums in Teilen des Nahen Ostens untersagt. Über dem Persischen Golf, dem Golf vom Oman, im Irak und im Iran dürfen in den USA registrierte Flugzeuge "wegen erhöhter militärischer Aktivitäten und steigender politischer Spannungen" nicht mehr fliegen, hieß es in einer Mitteilung am Dienstag. Das Risiko sei hoch, dass ein Flugzeug falsch identifiziert werde. (APA, Reuters, red, 8.1.2020)