Die ersten medizinischen Checks bei Neugeborenen sind wichtig, auch die Immunschwäche SCID kann mit einem Gentest vor Ausbruch erkannt und damit noch vor Ausbruch behandelt werden.

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Es gibt Erkrankungen, die fallen erst einmal gar nicht auf. Schwere kombinierte Immundefekte (SCID) gehören dazu. Bei SCID handelt es sich um die schwerste Form von angeborener Abwehrschwäche. Ungefähr 20 verschiedene genetische Faktoren sind bekannt, die einen Mangel sogenannter T-Lymphozyten begünstigen und so zu der Erkrankung führen können. Erste Symptome sind schwere Infektionen, vor allem Lungenentzündungen und Durchfälle mit fehlender Gewichtszunahme und manchmal auch lebensbedrohliche Autoimmunreaktionen. Diese Krankheitszeichen treten in den ersten Lebensmonaten auf. Unbehandelt führt die SCID-Erkrankung in den ersten beiden Lebensjahren oft zum Tod.

Früh erkennen

Wenn die Erkrankung jedoch vor Ausbruch entdeckt wird, kann sie zu 90 Prozent durch eine Knochenmarktransplantation behandelt werden. Die Idee der Kinderärzte am Universitätsklinikum in Freiburg: eine routinemäßiger Check aller Neugeborenen, also ein Screening, das Bestandteil des Neugeborenenscreenings am dritten Lebenstag ist.

Nach einer langen Vorbereitungszeit wurde diese Maßnahme in Freiburg im August eingeführt, bereits drei Kinder sind identifiziert worden. "Betroffene Kinder zeigen bei Geburt noch keine Krankheitszeichen und sind von gesunden Säuglingen in der Routineuntersuchung beim Kinderarzt nicht zu unterscheiden. Mit dem Screening haben wir jetzt die Möglichkeit, den Kindern zu helfen, bevor die Krankheit ausbricht", sagt Carsten Speckmann von der Abteilung für Pädiatrische Immunologie am Universitätsklinikum Freiburg.

Knochenmark behandeln

Das Neugeborenenscreening auf SCID ermöglicht nun, diese Erkrankungen bereits kurz nach der Geburt zu erkennen. "Die meisten betroffenen Kinder können mit einer Knochenmarktransplantation geheilt werden. Entscheidend ist, dass sie möglichst vor Ausbruch der Erkrankung behandelt werden. Dadurch kann das langfristige Überleben von jungen SCID-Patienten von 50 Prozent auf mehr als 90 Prozent gesteigert werden."

Der Experte betont aber auch, wie schwierig dies für die Eltern ist. "Es ist eine völlig neue Herangehensweise, wenn man Eltern augenscheinlich gesunder Kinder so eine schwerwiegende Diagnose mitteilen muss", sagt Speckmann. Gleichzeitig sei es schön zu wissen, dass man helfen kann. Der Plan für eine Transplantation wird für jeden Patienten individuell festgelegt. Die aktuell in Freiburg diagnostizierten Kinder konnten in den ersten acht Lebenswochen behandelt werden, zwei von ihnen konnten bereits nach Hause entlassen werden. "Wie gut sich das Immunsystem der Patienten entwickelt, werden wir erst in ein paar Monaten abschließend sehen. Mit der frühen Therapie sind die Aussichten auf eine vollständige Heilung sehr gut", sagt Speckmann. (11.1.2020)