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Charles Michel empfängt Fayez al-Sarraj.

Foto: Reuters/Francisco Seco

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Kämpfe in Ain Zara (Archivbild, April 2019).

Foto: REUTERS/Hani Amara

Brüssel – Seit der Einnahme der libyschen Hafenstadt Sirte vor zwei Tagen durch Milizen von General Khalifa Haftar kommt es dort zu Kämpfen. Die den Osten des Landes kontrollierende sogenannte Libysche Nationalarmee flog Luftangriffe auf Milizen der international anerkannten Einheitsregierung. Dies sei eine Vergeltungsaktion für einen Angriff gewesen, bei dem neun Milizionäre der Haftar-Truppen getötet worden waren, hieß es.

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Kollege Recep Tayyip Erdoğan beraten aktuell in Istanbul über die Lage im ölreichen nordafrikanischen Land – denn sowohl Russland als auch die Türkei sind inzwischen in den Konflikt involviert. Dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zufolge kam es am Mittwochnachmittag zu einer Einigung zwischen den beiden Staatschefs: Ab Sonntag soll in Libyen eine Waffenruhe herrschen.

General Haftar versucht die von den UN anerkannte Regierung des Vorsitzenden des Präsidialrates, Fayez Al-Sarraj, zu stürzen, die im Westen des Landes in der Hauptstadt Tripolis sitzt. Er wird etwa von Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt. Die Türkei unterstützt hingegen Sarraj. Die EU mahnte am Dienstag, dass wegen des ausländischen Eingreifens kein Stellvertreterkrieg wie in Syrien entstehen dürfe.

Spekulationen über Kämpfer aus Syrien

Die Türkei hat eigenen Angaben zufolge bisher 35 Soldaten nach Libyen zur Unterstützung der international anerkannten Regierung entsandt. Erdoğan hatte zuvor beteuert, die Soldaten würden sich dort nicht an Kämpfen beteiligen, sondern Trainings- und Koordinierungsaufgaben übernehmen. Beobachter sagen, dass sich zudem von der Türkei unterstützte syrische Milizionäre in Libyen aufhalten.

Auch am Mittwoch flogen Frachtmaschinen von der Türkei nach Libyen.

Wie genau Russlands Hilfe für Haftar aussieht, ist nicht ganz klar. Immer wieder werden Vorwürfe laut, dass Russland Söldner nach Libyen geschickt habe und Haftars Kampf mit Drohnen unterstütze. Moskau wolle damit seinen Einfluss in der ölreichen Region ausweiten, heißt es. Haftar soll bereits mehrfach in der russischen Hauptstadt gewesen sein. Im Jänner 2017 war ihm sogar die Ehre zuteilgeworden, die im Mittelmeer kreuzende Admiral Kusnezow zu besuchen, den einzigen Flugzeugträger der russischen Marine.

Hektische Diplomatie

Hafter soll sich am Mittwoch mit dem Italienischen Premier Giuseppe Conte getroffen haben. Sarraj besucht derzeit Brüssel, auf dem Programm stehen Treffen mit Ratspräsident Charles Michel, Deutschlands Außenminister Heiko Maas und dem Präsidenten des Europaparlaments David Sassoli. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel fliegt am Samstag zu Gesprächen mit Putin nach Moskau. Deutschland arbeitet seit Monaten an einer Libyen-Konferenz, die in Berlin stattfinden soll. Dabei sollen alle ausländischen Akteure in die Pflicht genommen werden, das UN-Waffenembargo für Libyen zu akzeptieren.

Durch Libyen führt zum einen eine der Migrationsrouten in die EU, zum anderen sorgt der Bürgerkrieg dort für eine Destabilisierung der südlich angrenzenden Sahelzone, in der Frankreich und Deutschland sehr aktiv sind. Dabei geht es auch um den Kampf gegen sich ausbreitende islamistische Milizen. (red, APA, dpa, AFP, 8.1.2020)