Ist in diversen Besetzungen zu erleben: Ulrich Drechsler.

Daniel Shaked

Die besondere Zahl Drei hat es Ulrich Drechsler angetan. Sie ist allerorten geheimnisvoll präsent, auch im Märchen (unter anderem drei Wünsche an die Fee oder drei zu bestehende Prüfungen) und verfügt also über eine geheime Aura, die auch Drechsler womöglich charmant findet. An drei Tagen wird er ab Donnerstag jedenfalls sein dreiteiliges Projekt "Liminal Zone" im Porgy & Bess präsentieren.

Vieles erprobt

Es ist ein Work in Progress, das schon in Teilen beim Jazzfestival in Saalfelden zu erleben war. Klarerweise gibt es mittlerweile Einwicklung, Veränderung und neue Aspekte. Man könnte durchaus an den alten Philosophen Heraklit denken ("Alles fließt"), der die Veränderung als Konstante unserer Existenz definiert hat.

Drechsler zum Charakter seines Projektes: "Seit der ersten Präsentation in Saalfelden 2018 haben wir 'Liminal Zone' – und alles, was dazugehört – über ein Jahr lang in Form von zehn kleinen Konzerten im Wiener Musikverein und dem Supersense auf der Praterstraße einer Art Beta-Test unterzogen." Man habe quasi Produktentwicklung betrieben, "um 'Liminal Zone' zum einen schon etwas Reichweite zu verleihen und zum anderen die Musik auf Spielbarkeit, Bühnenpräsenz und Publikumswirksamkeit zu überprüfen. Also: Ob und wie die einzelnen Formate und die vielen beteiligten KünstlerInnen miteinander harmonieren."

Energie und Herzblut

Teilweise wurde die Musik umarrangiert: "Neue Musik kam hinzu, einige Stücke fielen weg. Und da, wo die Chemie nicht ganz gepasst hat, gab es auch ein paar Umbesetzungen. All das mag sehr berechnend klingen, aber was würden Sie tun, wenn Sie ein derart weitreichendes Projekt hätten, in dem all Ihre Energie und Herzblut steckt?"

Was Wunder, dass Drechlser Musik als "einen großen Teil meines Lebens" betrachtet. Sie habe "großen Anteil daran, wer ich bin. Und genau das sehe ich in ihr: eine Möglichkeit, mich als Mensch weiterzuentwickeln und immer bewusster zu werden." Das Projekt darf als Plattform für eine Werkschau verstanden werden. Es geht um Jazz, Elektronik und Weltmusik. Aber auch um Inspiration durch Klassik, Neoklassizismus und Filmmusik.

Traum und Realität

Es ist bemerkenswert, dass ein Musiker in dieser flüchtigen und ökonomisch harten Zeit so lange an einem Projekt arbeitet. Daraus lässt sich auch schließen, dass es Drechsler auch um Vertiefung und Fokussierung und Konsequenz geht. "Die größte Fähigkeit des Menschen ist meiner Meinung nach die Intuition. Aus der Intuition heraus entstand die Idee zur riesigen Klangwelt 'Liminal Zone' und der Antrieb, diesen Traum in die Realität umzusetzen."

Natürlich vergehe "kein Tag, an dem ich nicht alles hinterfrage, das Gefühl habe, auf der Stelle zu treten, und kurz davor bin, alles hinzuschmeißen. Und dann bildet sich plötzlich wieder irgendwo in dem ganzen Tohuwabohu eine neue Synapse, und man schöpft neue Kraft." Die Arbeit an 'Liminal Zone' zeige ihm "täglich meine Grenzen, ebenso wie die daraus entstehenden neuen Möglichkeiten. Was für mich wichtig ist? Niemals aufzugeben, denn was wäre die Alternative dazu? Den eigenen Traum nicht versuchen zu leben."

Film und Jazz

Der Saxofonist, der Jazz in Graz studierte und Mitglied der vielbeachteten Band Café Drechsler ist, die im Porgy am dritten Abend zu hören sein wird, ist also nicht nur vielseitig und stiloffen. Er hat auch einen Hang zu subjektiver Wahrhaftigkeit des eigenen Tuns. Und so sind die drei Abende in diversen Besetzungen auch das Abbild einer Person und ihrer authentischen, kommunikativen Fähigkeiten. (Ljubiša Tošić, 8.1.2020)