Besonders in Flächenbezirken wie Liesing drehen sich derzeit die Baukräne. Das wachsende Angebot wirkt sich auf die Preise aus.

Foto: Zoidl

Auch heuer werden die Preise am Wiener Wohnungsmarkt nur eine Richtung kennen: nach oben. Auch wenn, wie bei einem Pressegespräch von EHL Immobilien betont wurde, die Zeit der großen Preissprünge vorbei ist. Man rechnet mit einem durchschnittlichen Preisanstieg für Eigentumswohnungen von drei Prozent. Noch moderater dürften die Mieten steigen: Für 2020 und 2021 erwarten die Immobilienexperten ein Plus von rund 1,5 Prozent, was in etwa der Inflationsrate entsprechen wird.

Ein Grund für die Beruhigung: 2020 werden so viele Wohnungen in Wien fertig wie noch nie. Bis zu 20.000 Wohnungen könnten es heuer sein – und zwar über wiegend Mietwohnungen. Dafür könnte es mit dem Angebot am Eigentumswohnungsmarkt wiederum knapp werden.

Trend zu Wohntürmen

Die Baupreise, die in den letzten Jahren stark gestiegen sind, würden sich nun langsam einbremsen, berichtete Sandra Bauernfeind, Wohnimmobilienexpertin bei EHL Immobilien. Der Trend zu kleinen Wohnungen werde auch 2020 anhalten. Hochwertige Wohnungen, die 35 Quadratmeter groß sind, seien auch architektonisch fordernd.

Ein weiterer Trend: "Die nächsten Jahre werden die Zeit der Wohntürme", so Bauernfeind, etwa mit dem Marina Tower in Wien-Leopoldstadt.

Auch beim Maklernetzwerk Remax prognostizierte man für das Immobilienjahr 2020 vor kurzem weiter steigende Preise für ganz Österreich – allerdings moderater als zuletzt.

Leerstand als Problem

Die "grenzenlose Goldgräberstimmung am Wohnungsmarkt" sei mittlerweile verflogen, der große Nachfrageüberhang teilweise abgebaut. Allerdings sei das Preisniveau in manchen Gegenden des Landes derart hoch, dass für manche Bevölkerungsgruppen Eigentum weder erreichbar noch er strebenswert erscheint, hieß es in einer Aussendung von Remax.

Beim Maklernetzwerk schätzt man aber auch, dass alleine im zehnten, 21. und 22. Bezirk "tausende Wohnungen" leerstehen. Einerseits, weil sie für Interessenten nicht passen oder nicht leistbar sind und daher keine Käufer finden.

Manche Wohnungen würden aber auch ungenutzt bleiben, weil Eigentümern die mitunter ille galen Kurzzeitvermietungen auf Buchungsplattformen wie Airbnb zuletzt zu heiß geworden sind. Bei Remax rechnet man daher damit, dass einige dieser Wohnungen demnächst auf den Markt kommen – und einen "minimalen Entspannungseffekt" auf dem Markt bringen.

Investoren auf Wohnungssuche

Nicht nur Wohnungssuchende, auch Investoren – besonders aus Österreich und Deutschland – haben Wohnimmobilien längst für sich entdeckt. Sie haben in den letzten Jahren verstärkt groß volumige und in Bau befindliche Wohnprojekte aufgekauft, die nun als Mietwohnungen auf den Markt kommen und Rendite für die Eigentümer lukrieren.

Gut ein Viertel des Transaktionsvolumens am Wiener Markt machten letztes Jahr Wohnimmobilien aus. Die beliebteste Assetklasse blieben allerdings Büros. Insgesamt wurden in Wien 2019 sechs Milliarden Euro von Investoren in Immobilien gesteckt. "Das ist der höchste je verzeichnete Wert", berichtete EHL-Investmentexperte Franz Pöltl. Er sieht auch 2020 und die Folgejahre optimistisch.

Die Vorhaben der neuen türkis-grünen Regierung in puncto Wohnen waren auch beim EHL-Pressegespräch Thema (weitere Reaktionen der Immobilienbranche siehe Seite 6). Wohnimmobilienexpertin Bauernfeind sieht darin "durchaus Punkte, die sinnvoll sind", bisher handle es sich aber lediglich um Überschriften. 2020 wird also nicht nur für Wohnungssuchende ein spannendes Jahr. (Franziska Zoidl, 9.1.2020)