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Adele im Jahr 2017 mit ihren fünf Grammys – da könnte sie wohl auch glücklich gewesen sein, trotz 20 Kilo mehr.

Foto: Reuters/Mike Blake

Die Jännerausgaben der Frauenzeitschriften überschlagen sich gerade mit Tipps zu gesünderem Essen sowie Lebensstil, "Selbstliebe", mehr "Achtsamkeit" oder was es sonst noch so für Feigenblätter für "weniger Essen" und "mehr Sport" gibt. Der für diese Magazine gültige Jahreskreis aus Vanillekipferlkilos loswerden, Bikinifigur angehen, Hautalterung vorbeugen, Herbstdepression überwinden, Partymode shoppen und Vanillekipferlrezepte nachbacken geht also nun wieder von vorne los.

Natürlich nicht so plump wie gerade beschrieben, doch das in den letzten Jahren deutlich frauenfreundlichere Vokabular dieser Magazine sollte nicht über die riesige Menge an To-Dos hinwegtäuschen, die sie ihren Leserinnen unterschieben und die sich letztendlich vorwiegend doch nur ums Aussehen drehen. Ein bisschen "Feminist-Washing" mit fetzigen T-Shirt-Slogans ("We Should All Be Feminists"), Porträts "starker Frauen" und "Self-Empowerment"-Zurufen ändern nichts daran, dass man trotz all dem doch bitte sexy zu sein hat.

Schlank = Glücklich

Auf den ersten Blick freundlich kommen derzeit auch die Berichte über die britische Sängerin und Songwriterin Adele daher. Die Tageszeitung "Heute" schreibt, Adele habe "offenbar 20 Kilo abgenommen und bezaubert ihre Fans", das deutsche Frauenmagazin "Brigitte" führt in einem Artikel in seiner Onlineausgabe zusammen, was anscheinend zusammengehört: "Schlank und glücklich" heißt es da gleich zum Einstieg, um anschließend rasch zum zentralen Punkt zu kommen: Wie hat sie das bloß hinbekommen? "Angesichts der strahlenden Adele fragen sich jetzt viele Menschen, wie die Sängerin es geschafft hat, so viel abzunehmen", schreibt die "Daily Mail", laut der ein Fitnesstrainer Adele mit Pilates, Gewichte-Stemmen, kaum Zucker und einer sogenannten "Sirtfood-Diät" – was auch immer das ist – dünn gemacht hat.

Es ist so selbstverständlich, dass es kaum auffällt: Mollige Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, werden völlig selbstverständlich als "selbstbewusst" bezeichnet, wie auch Adele. Gerade so, als ob es per se schon mutig wäre, nicht abzunehmen, bevor man sich auf eine Bühne stellt. Und wenn Frauen dann stark abnehmen, sind sie entweder "endlich glücklich" oder – wie einige andere Yellow-Press-Blätter schreiben – magersüchtig.

Selbstliebe aus Gründen

Man kann einwenden: Logisch, dass Tratschblätter und Frauenmagazine über die Figur von weiblichen Stars schreiben – und gleich auch noch ihre Interpretation der psychischen Verfasstheit dieser Frauen nachreichen. Das ändert allerdings nichts daran, dass das Gift für das Körpergefühl von Frauen ist, Gift, das genau dort eingeimpft wird, wo eigentlich doch, wo "für Frauen" draufsteht.

Auch in den vermeintlich seriöseren Berichten zum Thema Abnehmen. So wird dieses in Frauenmagazinen gern mit "Selbstliebe", "Reinigung", "Meditation" umschrieben, um einerseits dem marktkompatiblen feministischen Zeitgeist zu entsprechen – und andererseits die alten Anforderungen an Frauen nicht aufgeben zu müssen. In einer aktuellen Ausgabe der "Brigitte" gibt es etwa ein umfassendes Dossier zum Thema Abnehmen, das als ganzheitliches Gesundheits- und Selbsterfahrungsprogramm präsentiert wird, in dem ein Achtsamkeitsexperte verrät, warum abnehmen besser gelingt, wenn man sich mag.

Sich mögen lernen, damit die Kilos purzeln? Das ist ziemlich traurig, doch die Dauerbaustelle Frauenkörper ist eine schier endlos tiefe Goldgrube, die es zu erhalten gilt. Alle, die nicht von dieser Goldgrube profitieren, sollten deshalb den Vorsatz "abnehmen" und alle Euphemismen dafür ("gesünder leben!") endlich ad acta legen und stattdessen dabei mithelfen, diese Goldgrube zuzuschütten. (Beate Hausbichler, 10.1.2019)