Masken schützen vor Tröpfcheninfektionen: Das neu entdeckte Coronavirus ist von Tier zu Mensch übertragen worden, eine Mensch-zu-Mensch-Infektion wurde nicht beobachtet.

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Festtage und Krankheitserreger haben mehr miteinander zu tun, als man ahnen würden. Zumindest in China sind die Gesundheitsbehörden hoch alarmiert. Am 25. Jänner wird dort das chinesische Neujahr gefeiert, für viele Anlass, ein paar Tage Urlaub zu machen und zu verreisen. Und justament drei Wochen vor diesem Ereignis wurde in der zentralchinesischen Stadt Wuhan eine seltsame Lungenerkrankung registriert. 59 Menschen waren in das zentrale Krankenhaus mit Fieber, Husten und Lungenentzündung eingeliefert worden.

Angst vor Epidemie

"Bei einer Einwohnerzahl von elf Millionen recht wenig, allerdings zeigt es, wie schnell die Behörden mittlerweile auf jede potenzielle Gefahr reagieren", sagt Virologe Stephan Aberle vom Institut für Virologie der Med-Uni_Wien. Die Behörden haben aus dem Sars-Ausbruch 2003 im südchinesischen Guandong gelernt, damals waren mehr als 3.000 Menschen infiziert, 774 starben. Durch sorgsame Kontrolle soll genau das vermieden werden, mögliche Risiken auch zu kommunizieren, ist ein Teil davon, so Aberle.

Noch gebe es kaum Informationen über den neuen Erreger, sagt Aberle, nur dass es sich um eine neue Art von Coronaviren handelt. Die Besonderheit aus virologischer Sicht ist die Tatsache, dass die Viren sowohl Menschen als auch Tiere befallen können, sie also die Grenze der Spezies überwinden können. "Wirklich gefährlich ist das aber erst dann, wenn die Infektionskette dann auch von Mensch zu Mensch weitergeht", erklärt Aberle, was jedoch im aktuellen Fall in Wuhan nicht der Fall sein dürfte, denn die WHO erließ ausdrücklich keine besondere Reisewarnung.

Mit Tieren leben

Soweit es Aberle von Wien aus einschätzen kann, hat sich das neue Virus auf einem Markt verbreitet, wo Menschen Fisch und Wildtiere eingekauft haben. In China werden Tiere auf Märkten lebendig verkauft, was zur Verbreitung von Keimen beitragen kann, so der Virologe. Das sei auch bei Mers, ebenfalls ein Corona virus der Fall, das im Mittleren Osten über Dromedare an den Menschen weitergegeben werden kann und 2012 zu einem Ausbruch, bei dem ein Patient starb, führte. "Die physische Nähe zwischen Tieren und Menschen trägt zur Verbreitung bei", so Aberle, das sei offensichtlich auch in Wuhan der Konnex gewesen, der den Behörden rasch aufgefallen ist.

Und, wie die WHO ausdrücklich lobt, zu einer vorbildhaften Reaktion geführt hat. Die chinesischen Ärzte konnten, so vermutet Aberle, aus dem Atemwegssekret den Erreger isolieren, ihn mit den Mitteln der Genom-Sequenzierung spezifizieren und damit ausschließen, dass es sich um Sars oder eine andere virale Erkrankung handeln könnte.

Schließlich gelang es, dieses neue Virus zu identifizieren, weil auch bei 15 anderen Kranken genau dieselben Virenstämme gefunden wurden. "Wir sind schon sehr auf die entsprechenden Publikationen gespannt", so Aberle, vor allem auf die Methoden der Diagnostik und das Kommunikationsmanagement in Wuhan, die zu dieser raschen Reaktion geführt haben.

Weiter im Umlauf

Hätte es sich herausgestellt, dass das neue Coronavirus aggressiv und von Mensch zu Mensch per Tröpfcheninfektion übertragbar wäre, dann hätte eine Reisewarnung bzw. das Schließen von zentralen Flugrouten Sinn gemacht, um eine Pandemie, wie sie bei Sars 2012 ausgebrochen war, zu verhindern.

Gibt es auch in unseren Breiten Coronaviren? "Klar, sie zirkulieren von jeher unter den Menschen", sagt der Virologe mit großer Selbstverständlichkeit, allerdings seien es harmlose Arten, die leichte bis mittelschwere Erkältungserkrankungen verursachen und circa alle drei bis fünf Jahre stärkere Ausbrüche verursachen. Deshalb müsse man sie im Überblick behalten, den Chinesen scheint das sehr gut zu gelingen. (Karin Pollack, 10.1.2020)