Caroline Hervé spielt sich gern mit hartem Techno.

Foto: Kittin

Früher stand da noch ein "Miss" vor Kittins Name, so kennt man sie. Dieses Fräulein, oder um es in Kittins Muttersprache zu sagen: Diese Mademoiselle wurde die französische DJ nun los. Nicht, weil sie mit mehr als 30 Jahren Cluberfahrung kein Fräulein mehr ist, sondern weil sie sich selbst eigentlich nie so nannte. Als Kittin anfing, Platten zu spielen, gaben die Booker und Promotoren in der französischen Heimat allem, was weiblich war und sich hinter ein DJ-Pult stellte, das Beiwort "Miss". Das Publikum sollte schließlich wissen, dass es mit einer Ausnahmeerscheinung zu rechnen haben wird.

Verehre die Altvorderen!

Wir schreiben 2020, es hat sich doch ein bisschen was getan, Frauen sind in der (elektronischen) Musikszene deutlich präsenter. Ohne die Pionierarbeit von DJs und Produzentinnen wie Kittin hätte es länger gedauert. Die neue Veranstaltungsreihe in der Grellen Forelle, Reign of Terror, die von der Wiener DJ Therese Terror organisiert wird, fokussiert auf prägende Figuren der elektronischen Musikszene und stellt sie der ganz jungen Generation gegenüber. Der "Ahnenkult" wird am großen Floor betrieben, der Nachwuchs – am Samstag wird es das heimische Gabber-Kollektiv Musika Brutale sein – tobt sich auf dem kleinen Floor, der sogenannten Kitchen, aus.

Stilistisch breit aufgestellt

Kittin war zuletzt vor acht Jahren in der Stadt. Caroline Hervé, wie sie bürgerlich heißt, hat in den für Clubmusik so goldenen 90ern das Subgenre "Electroclash", eine von New Wave und Punk durchdrungene Spielart der Elektronik, um Vocals erweitert. Der Track 1982, den sie 1998 zusammen mit The Hacker produzierte, machte ihren Sound in ganz Europa heimisch. Das nüchterne Skandieren von Texten über minimale Beats, die mit der Kraftwerk-Formel liebäugeln, wurde zu ihrem Markenzeichen.

guillemsugus

Sie hat es sich bis heute beibehalten, auch wenn der darunterliegende Sound wie auf ihrem letzten Album, dem 2018 erschienenen Cosmos, atmosphärischer daherkommt. Kittin ist aber nicht nur als Produzentin, sondern auch als DJ immer noch gefragt, weil sie eine große Bandbreite von Stilen abdeckt und auch nach drei Dekaden im Geschäft noch nach Neuem gräbt. In der Forelle wird man ein härteres Techno-Set erwarten dürfen. (abs, 9.1.2020)