"Ich liebe Frankreich, ich liebe Paris. Es war immer ein Traum von mir, in Frankreich zu leben", sagte die österreichische Europaministerin ihrer Amtskollegin auf Französisch.

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Paris – Die französische Regierung ist bereit, mit der türkis-grünen Koalition in Wien ein neues Kapitel enger Zusammenarbeit auf EU-Ebene aufzuschlagen. Das machte Europaministerin Amélie de Montchalin am Donnerstag nach einem Arbeitsgespräch mit ihrer österreichischen Kollegin Karoline Edtstadler in Paris deutlich.

"Mit der vorigen Regierung war es ein wenig kompliziert", sagte die Französin in Anspielung auf die im Mai beendete FPÖ-Beteiligung in der türkis-blauen Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz. Anders als bisher mit "extrem Rechten" gebe es jetzt in Wien "eine progressive Regierung, die sehr proeuropäisch ist", erklärte de Montchalin.

Auch de Montchalin lobte das Treffen mit Österreichs Europaministerin.

Noch vor etwas mehr als einem Jahr hatte Präsident Emmanuel Macron bei einem Besuch von Kurz im Élysée zu verstehen gegeben, dass er klare Abgrenzung zu Rechtspopulisten verfolge, die im EU-Parlament in einer Fraktion mit Frankreichs Lepenisten sitzen. Doch nun scheint Tauwetter angesagt. Edtstadler hatte Paris demonstrativ als Ort ihrer ersten Auslandsreise ausgewählt. "Ich brenne für Europa, und ich liebe Frankreich", sagte sie neben de Montchalin. Diese ließ es im Gegenzug an demonstrativer Zuneigung für die türkis-grüne Regierung nicht mangeln. Sie empfing die "liebe Kollegin" im Uhrensaal des Außenamts, wo Frankreichs Außenminister Robert Schuman am 9. Mai 1950 seine berühmte Erklärung verlesen hatte – den Plan zur Gründung einer "Gemeinschaft für Kohle und Stahl". Das gilt als Geburtsstunde der heutigen Union.

Platz im Herzen Europas

Es sei wichtig, dass Österreich "seinen Platz im Herzen Europas wiedergefunden hat", betonte die Französin. So könne und solle Wien "eine Mittlerrolle für die Balkanstaaten spielen, helfen, im Beitrittsprozess Koalitionen und Mehrheiten zu finden". Macron hatte zuletzt Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Mazedonien blockiert.

Über das Regierungsprogramm in Wien zeigte sich de Montchalin beinahe begeistert, insbesondere über die Ziele zum Klimaschutz, die ganz auf Pariser Linie lägen. Auch wenn man in vielen Fragen auseinanderliege, gebe es Anknüpfungspunkte für europäische Lösungen. So sei man beim EU-Budgetrahmen bereit, neue Wege zu gehen, innovative Mechanismen zu finden, um die EU-Einnahmen sicherzustellen, ohne die nationalen Budgets zu stressen. Edtstadler will mit ihrer Kollegin umgehend damit beginnen, an der Reform der EU zu arbeiten. Frankreich sei "ein ganz wesentlicher Player", ohne dieses Land gehe nichts. (Thomas Mayer aus Paris, 9.1.2020)