Nicole Schmidhofer war als Zweite hinter der Deutschen Kira Weidle die schnellste Österreicherin im ersten Abfahrtstraining. Drittschnellste war Super-G-Olympiasiegerin Ester Ledecká aus Tschechien. Christine Scheyer zeigte bei ihrem Comeback als Siebente und zweitbeste ÖSV-Läuferin auf.

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Roland Assinger (re) mit dem Speedteam in Innerkrems. Der Abfahrtstrainer ist die Konstante im Team.

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Zauchensee – Was die Streif in Kitzbühel für die Männer, ist die Kälberlochstrecke in Zauchensee für die Frauen. Eine knackige Abfahrt mit prickelnden Komponenten. Um dafür gerüstet zu sein, hat Österreichs Team am Nassfeld ein schweres Training absolviert und nicht am perfekten, sondern am schnellsten Schwung gefeilt, wie Speed-Cheftrainer Roland Assinger dem STANDARD erzählt.

Erfolgreicher Strippenzieher

Während Showman Armin Assinger oft im Rampenlicht erscheint, bewegt sich sein Bruder Roland vergleichsweise als Strippenzieher im Hintergrund, das aber auch erfolgreich. Nach sechs Abfahrtssiegen in der vergangenen Saison, die in den Rängen eins, zwei und drei im Disziplinenweltcup gipfelte, liegt die Latte heuer höher. "Nach den vielen Siegen und weil in jeder Abfahrt zumindest eine Athletin am Podest stand, ist der Erwartungsdruck natürlich gestiegen, wir sind die Gejagten, alle wollen uns schlagen", sagt Assinger. Darum gelte es weiter zu attackieren, schließlich gehe es immer noch ein bisserl besser. Sowohl im technischen Bereich, als auch am Materialsektor, bei der Physis und der Psyche. Man habe in der Vorbereitung versucht, aus allen Komponenten ein, zwei Prozent mehr rauszuholen. Und man habe an den individuellen Schwachstellen der einzelnen Athletinnen gearbeitet. Auf hohem Niveau werde allerdings der Prozentsatz, um den man sich verbessern kann, geringer, sagt der 46-Jährige.

Erfolg als Produkt jahrelanger, geduldiger Arbeit

Der Erfolg ist laut Assinger das Produkt der vergangenen Jahre. "Geduldige Arbeit und immer wieder pushen, pushen, pushen." Während er seit acht Jahren die Damen trainiert, haben etliche Co-Trainer gewechselt. "Dadurch ist immer wieder neuer Einfluss dazugekommen. Alle haben einen Beitrag für einen Schritt vorwärts geleistet." Der 46-Jährige achtet sehr auf Disziplin, Pünktlichkeit, gutes Auftreten. "Da bin ich brutal dahinter."

Siegläuferinnen en masse

Ein Vorteil gegenüber anderen Nationen sei, dass Österreich mit Nicole Schmidhofer, Stephanie Venier, Mirjam Puchner, Ramona Siebenhofer und Christine Scheyer gleich fünf Athletinnen am Start hat, die schon Rennen gewonnen haben. Cornelia Hütter, die Sechste im Bunde, ist nach ihrem beim Saisonfinale 2019 in Soldeu erlittenen Kreuzbandriss noch rekonvaleszent. "Sie wird noch eine Zeit brauchen", sagt Assinger, der die vielen Erfolge auf die Breite des Teams zurückführt. "Wir sind so stark, weil wir so breit aufgestellt sind." Die Chancen stünden gut, "dass eine alles gut runterbringt".

Guter Saisonstart

Alles aufgegangen ist Schmidhofer mit dem Sieg vor Mikaela Shiffrin in der zweiten Abfahrt von Lake Louise. Bei der ersten, als die Tschechin Ester Ledecká gewann, stand Venier als Dritte auf dem Podest. Bei den Super-G in Lake Louise und St. Moritz sausten Venier bzw. Schmidhofer als jeweils Vierte knapp am Stockerl vorbei. Mehr hatte die Saison nach dem Ausfall der Abfahrt in Val d’Isère an rasantem Geschehen noch nicht zu bieten.

Lernen von Ledecká

Beeindruckt ist Assinger von Ledecká und Shiffrin. Die US-Amerikanerin sei "eine Ausnahmeathletin, wie sie nur ab und zu daherkommt". Die Tschechin hat oft mit dem ÖSV in Chile trainiert. "Sie gibt auch im Training immer alles, ist ein guter Richtwert, hat uns nach vorne gepeitscht."

Neues Vorgehen bei Verletzungen

Die vielen Verletzungen haben Assinger zum Umdenken bewogen. "Das ganze Umfeld muss konservativer denken und wir müssen versuchen, die Rekonvaleszenzzeit auszudehnen." Die Muskulatur habe man nach sechs Monaten wieder parat, "aber die gerissenen Bänder müssen sich erst wieder langsam an gewisse Kräfte gewöhnen". Als Trainer müsse man den Mut haben, nein zu sagen, wenn es noch zu früh ist. Bei Scheyer hat er auf die Bremse gedrückt. Die Vorarlbergerin hat vor drei Jahren ihre erste und die bisher letzte Abfahrt in Zauchensee gewonnen. Die 25-Jährige gibt am Samstag (11.45, ORF 1) das Comeback nach ihrer Ende 2018 erlittenen, dritten schweren Verletzung. Assinger: "Zu hundert Prozent hat man es bei diesem Sport leider nie im Griff." (Thomas Hirner, 9.1.2020)

Erstes Abfahrtstraining der Damen am Donnerstag in Zauchensee:(Torfehler nicht berücksichtigt)

1. Kira Weidle (GER) 1:48,81 Min.
2. Nicole Schmidhofer (AUT) +0,24 Sek.
3. Ester Ledecká (CZE) 0,57
4. Lara Gut-Behrami (SUI) 1,05
5. Joana Haehlen (SUI) 1,18
6. Priska Nufer (SUI) 1,27
7. Christine Scheyer (AUT) 1,32
8. Sofia Goggia (ITA) 1,35
9. Corinne Suter (SUI) 1,36
10. Nicol Delago (ITA) 1,38
11. Ramona Siebenhofer (AUT) 1,41

Weiter:
14. Nina Ortlieb (AUT) 1,64
15. Tamara Tippler (AUT) 1,74
17. Mirjam Puchner (AUT) 2,02
21. Elisabeth Reisinger (AUT) 2,63
22. Stephanie Venier (AUT) 2,70
26. Ricarda Haaser (AUT) 3,13
41. Rosina Schneeberger (AUT) 3,96
43. Nadine Fest (AUT) 4,16
60. Lisa Grill (AUT) 31,69 (Sturz vor dem Ziel)