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Obwohl die Zeichen nun – jedenfalls fürs Erste – nicht auf Krieg stehen, gehen in den Städten der USA Demonstranten gegen den Kurs des "maximalen Drucks" gegen das Teheraner Regime auf die Straße.

Foto: AP Frank Franklin II

Eigentlich ist Mike Lee, Senator aus dem streng konservativen Utah, bisher nicht als lauter Kritiker seines Parteifreunds im Weißen Haus aufgefallen. Doch am Donnerstag platzte dem treuen Gefährten Donald Trumps in aller Öffentlichkeit der Kragen. Was dem Senat in einer streng vertraulichen Sitzung nämlich als Begründung für den Drohnenangriff auf den iranischen General Ghassem Soleimani vorgesetzt wurde, sei "verrückt" und "unamerikanisch", schimpfte Lee. Beweise, dass der Angriff wirklich notwendig war, seien Verteidigungsminister Mark Esper und Außenminister Mike Pompeo zudem schuldig geblieben.

"Akt der Selbstverteidigung"

Während Kelly Craft, Washingtons Botschafterin bei der Uno, den Angriff in einem Brief als Akt der Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Uno-Charta bezeichnete, scheiden sich an Trumps Iran-Politik im Kongress die Geister. Mike Lee etwa will, gemeinsam mit seinem republikanischen Kollegen Rand Paul, wegen der in seinen Augen unzureichenden Einbindung des Senats für einen Antrag der oppositionellen Demokraten stimmen, der die militärischen Vollmachten des Präsidenten einschränken soll. Der Demokrat Gerry Connolly warf der Regierung "impulsives und rücksichtsloses" Verhalten vor, das "die Sicherheit unseres Landes gefährdet hat". Mitch McConnell, ein enger Vertrauter Trumps, hält dessen Vorgehen hingegen für "geduldig und besonnen", Lindsey Graham attestiert der Regierung eine "überzeugende Begründung" für den Luftschlag.

Nach der Eskalation der vergangenen Tage – der Iran hatte als Vergeltung für die Tötung Soleimanis Raketen auf von den USA genutzte Basen im Irak abgefeuert – zeigte sich die US-Regierung in einem Schreiben an den Uno-Sicherheitsrat am Donnerstag offen für Gespräche mit dem Iran ohne Vorbedingungen. Der Iran reagierte ablehnend auf das Angebot. Dieses sei "unglaubwürdig", solange die USA Sanktionen gegen den Iran aufrechterhielten. Ein ranghoher Kommandant der Revolutionsgarden kündigte weitere Racheakte gegen die USA an, wie die iranische Nachrichtenagentur Tasnim meldete. Verteidigungsminister Amir Hatami erklärte auf Twitter, der Iran wolle die USA mit politischen Mitteln aus dem Nahen Osten vertreiben, einen weiteren Militärschlag schloss er aber demonstrativ nicht aus: "Unser nächster Schritt wird davon abhängen, welche Schritte die andere Seite unternimmt."

Neues Plädoyer für Atomdeal

EU-Ratspräsident Charles Michel appellierte am Donnerstag in einem Telefonat an den iranischen Präsidenten Hassan Rohani, zu den Vereinbarungen aus dem internationalen Atomabkommen zurückzukehren – US-Präsident Trump hatte Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und China erst am Mittwoch aufgerufen, aus dem 2015 geschlossenen, von seinem Land 2018 aufgekündigten Deal auszusteigen. Am Sonntag, zwei Tage nach der Tötung von General Soleimani, hatte Teheran seinerseits erklärt, man fühle sich dem Abkommen nicht mehr verpflichtet. Gegenüber dem britischen Premierminister Boris Johnson sagte Rohani nun allerdings zu, auch weiterhin mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) zusammenarbeiten zu wollen und Inspektionen auch künftig in seinen Atomanlagen zuzulassen.

An die Adresse der USA fügte der iranische Präsident noch eine Drohung an: "Falls Sie einen weiteren Fehler begehen sollten, werden sie eine sehr gefährliche Antwort des Iran erhalten." (Florian Niederndorfer, 9.1.2020)