Auf diese eine Äußerung wird Nikola Bilyk wohl bis ans Ende seiner Sportlertage angesprochen. Es war Mitte 2016, der damals 19-jährige Handballer hatte die Fivers Margareten zu ihrem zweiten Meistertitel geführt, er stand unmittelbar vor dem Wechsel zum deutschen Spitzenverein THW Kiel, und er barst förmlich vor Selbstvertrauen. Da sagte der junge Mann: "Mein Ziel ist es, der beste Handballer der Welt zu werden."

Nikola Bilyk hat stets den nächsten Gegner, das nächste Spiel im Auge. In der EM-Vorrunde warten Tschechien, die Ukraine, Nordmazedonien. Ziel ist die Hauptrunde.
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Wie schaut’s aus, bist du es schon, wirst du es noch, willst du es immer noch werden, wann wird es so weit sein? In den vier Jahren, die vergangen sind, hat sich Nikola Bilyk immer wieder mit diesen Fragen konfrontiert gesehen. Er ist nicht müde geworden, die Dinge zurechtzurücken. "Natürlich geht es nicht nur um mich, ich wollte mich auch nicht in den Vordergrund stellen. Gemeint war, dass ich mich immer verbessern will, dass ich dafür alles geben werde. Ich will meinen Mannschaften helfen, egal ob Kiel oder dem Team."

Top zwölf als Ziel

Das Nationalteam startet heute, Freitag (18.15 Uhr, ORF 1), in der Wiener Stadthalle gegen Tschechien in die Europameisterschaft. Weitere Gegner in Gruppe B sind die Ukraine (Sonntag) und Nordmazedonien (Dienstag).

Ziel ist einer der ersten beiden Plätze und der damit verbundene Aufstieg in die Hauptrunde der besten zwölf. Dort würde Österreich, das die EM gemeinsam mit Norwegen und Schweden ausrichtet, ebenfalls in Wien wahrscheinlich auf die Kapazunder Deutschland, Spanien und Kroatien treffen. Ein Duell mit den Deutschen wäre für Bilyk klarerweise speziell. "Aber daran denke ich gar nicht. Wir gehen von Spiel zu Spiel. Jetzt ist alles auf Tschechien ausgerichtet."

Nikola Bilyk im Porträt des Handball-Verbandes.
HandballAustria

In Österreichs EM-Kader ist allein der 19-jährige Lukas Hutecek jünger als Bilyk (23), den Teamchef Ales Pajovic mit der Kapitänsrolle betraute. "Das ist die größte Ehre für mich", sagt Bilyk, der sich durchaus "als Leader sieht. Ich werde immer versuchen, Verantwortung zu übernehmen." So trat er schon in jungen Jahren bei Margareten in Erscheinung, so machte er bei der Jugend-EM 2014 auf sich aufmerksam. Österreich belegte Rang sechs, doch Bilyk war Torschützenkönig und wurde als Spieler des Turniers ausgezeichnet.

Ansprüche und Hochzeiten

Spätestens da wurde Kiel auf den talentierten Wiener aufmerksam, der schon Anfang 2015 einen Vertrag erhielt, aber auch die Möglichkeit, noch eineinhalb Jahre lang bei Margareten zu reifen. Dort spielte Bilyk noch mit seinem Vater Serhij gemeinsam, dem früheren ukrainischen Nationaltorhüter. Serhij Bilyk stand Mitte der 90er-Jahre als Legionär in Tunesien unter Vertrag, wo Nikola geboren ist, 1999 kam die Familie nach Wien. Serhij wurde Margareten-Legende und das größte Vorbild des Sohns, wenn auch auf einer anderen Position.

Nikola Bilyk ist Rückraumspieler, im Nationalteam sieht man ihn oft in der Mitte, als Spielgestalter, bei Kiel kommt er meistens links zum Einsatz. Kiel ist im Handball nicht nur als Rekordmeister, was der FC Bayern im Fußball ist. Die Ansprüche wurden freilich zuletzt etwas heruntergeschraubt. Der jüngste Meistertitel datiert aus 2015, seither wurde die Mannschaft verjüngt, auch mit Bilyk, der sich aber schon über zwei deutsche Cupsiege (2017, 2019), einen Erfolg im EHF-Pokal (2019) und eine Vertragsverlängerung (bis 2022) freuen durfte. In dieser Saison tanzt Kiel, derzeit Bundesliga-Spitzenreiter, noch auf allen großen Hochzeiten, das Triple aus Champions League, Meisterschaft und Pokal ist möglich.

Bilyk schießt nicht die meisten, aber regelmäßig Tore, nicht selten ist er es, der in entscheidenden Situationen Verantwortung übernimmt und scort. So will er auch im Nationalteam auftreten. "Wir sind eine richtig geile Truppe", sagt er und hofft gegen Tschechien auf eine kompakte Abwehrleistung und schnelle Gegenstöße. Bester Handballer der Welt? Die Frage stellt sich nicht. "Ich will die beste Version von mir selbst sein", sagt Nikola Bilyk. Gelingt es dem Kapitän bei der EM, wäre Österreich sehr geholfen. (Fritz Neumann, 10.1.2020)