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Künftig soll der Gehaltszettel genau verraten, welche Abgaben der Arbeitgeber leistet.

Foto: Getty/Volker Möhrke

Wien – Wer sich am Monatsende die Frage "Wo woar mei Leistung?" stellt, bekommt diese grundsätzlich in Form eines Lohnzettels beantwortet. Bruttobetrag minus Abgaben des Arbeitnehmers – Sozialversicherung und Lohnsteuer – ergibt die Summe, die aufs Konto wandert. Vermeintlich. Wer 3.000 Euro brutto verdient, bekommt 2.014,76 Euro ausbezahlt, de facto kommen aber auch die Abgaben des Arbeitgebers dazu. Bei erwähnten 3.000 Euro entspricht die Dienstgeberabgabe etwas mehr als 900 Euro.

Die Arbeitgeberbeiträge auf dem Lohnzettel anzuführen war bisher den Betrieben selbst überlassen. Die neue türkis-grüne Bundesregierung macht es nun zur Vorschrift. "Verpflichtende Anführung der Dienstgeberabgaben am Lohnzettel" heißt es im Regierungsprogramm. Lohnzettel werden also künftig um eine Zeile länger.

Dabei geht es zum Beispiel um Beiträge für die Sozialversicherung, den Familienlastenausgleichsfonds (Flaf), die Kommunalsteuer, die Dienstgeberabgabe in Wien oder Mitarbeitervorsorge (Abfertigung neu). Konkret verschriftlicht ist aber noch nichts.

Agenda Austria und Handelsverband begeistert

Bei dem unternehmernahen Thinktank Agenda Austria sorgt dieser Schritt für Freude. "Es ist wichtig, dass die Bürger sehen, wie hoch ihr Beitrag zum Gelingen des Sozialstaates ist. Viele unterschätzen diese Summe, und somit kann sich jeder sein Bild machen", sagt Agenda-Austria-Direktor Franz Schellhorn. Warum die Unternehmen und auch der Staat selbst nicht sowieso für diese Transparenz sorgen und die Differenz aufzeigen, versteht er nicht. Der Aufwand sei schließlich kein großer. Er hegt jedoch den Verdacht, dass man die Kosten des Staatswesens verstecken möchte, damit niemand den Eindruck bekommt, er zahle zu viel.

Rainer Will, der Geschäftsführer vom Handelsverband, freute sich auf Twitter, dass nun "unsere jahrelange gemeinsame Forderung" umgesetzt wird (gemeinsame Forderung mit der Agenda Austria, Anm.). Will erhofft sich, dass der Schritt "mittelfristig zu einer Reduktion der Lohnnebenkosten und zu einem effizienteren Einsatz der Mittel führt, vorausgesetzt, es gibt dadurch keine sozialen Einschnitte". Es sei der Arbeitgeberseite ein Anliegen, die Kosten offenzulegen, da die Lohnnebenkosten mittlerweile "deutlich mehr als 31 Prozent betragen".

"Propagandistische Gründe der ÖVP"

Etwas weniger euphorisch sieht den Schritt Barbara Blaha vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut. Sie wirft die Frage auf, was diese Zusatzinformation bringen soll. "Zehntausende Firmen und Organisationen müssen jetzt ihre Lohnzettel umstellen, weil die ÖVP das aus propagandistischen Gründen will. Das ist ironischerweise genau jenes 'Gold-Plating', das sonst beklagt wird." Es werde schließlich nichts verheimlicht, jeder Arbeitnehmer könne im Internet schnell herausfinden, welche Abgaben der Dienstgeber zahlt. "Möglicherweise möchte man vom Arbeitnehmer mehr Dankbarkeit erzwingen, weil der Betrieb so viel für ihn zahlt."

Was passiert mit den Abgaben

Die Dienstgeberabgabe in Wien wird zur Finanzierung des U-Bahn-Netzes eingesetzt. Im Volksmund trägt sie deswegen auch den Namen U-Bahn-Steuer. Wer zumindest einen Dienstnehmer in der Bundeshauptstadt anstellt, muss diese entrichten. Sie beträgt zwei Euro pro Dienstnehmer pro Arbeitswoche und kann für kleine Unternehmen wieder rückerstattet werden. Die Kommunalsteuer ist eine Abgabe, die vom Dienstgeber an jene Gemeinde, in der die Betriebsstätte angesiedelt ist, abgeführt werden muss. Aus dem Flaf werden Leistungen zur Familienpolitik finanziert – beispielsweise Familienbeihilfe, Karenz- oder Kinderbetreuungsgeld. (Andreas Danzer, 9.1.2020)