Wien – Die Tageszeitung "Oe24" verstieß laut Presserat mit einem Artikel über eine Messerattacke in einem Gemeindebau gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.

In dem Artikel wurde darüber berichtet, dass ein 13-Jähriger Tschetschene in einem Gemeindebau in Wien-Döbling niedergestochen worden sei. Das Opfer sei in eine Rangelei verwickelt gewesen, bei der ein 14-jähriger Wiener schließlich ein Messer gezogen und den Tschetschenen niedergestochen habe. Dem Artikel ist ein Foto beigefügt, auf dem der 13-jährige Tschetschene abgebildet ist. Das Foto ist verpixelt, die Augenpartie ist zusätzlich mit einem schwarzen Balken versehen. Neben dem Foto des 13-Jährigen Tschetschenen findet sich folgender Begleittext: "Der Tschetschene wurde gefasst und angezeigt."

Foto: fid

Ein tschetschenischer Verein wandte sich an den Presserat und kritisierte, dass der Begleittext neben dem Foto den Eindruck erwecke, dass es sich beim Täter um einen tschetschenischen Jugendlichen handle, obwohl der 13-jährige Tschetschene selbst Opfer des Bauchstichs gewesen sei. Zudem kritisierte der Verein die Veröffentlichung des Fotos als Verstoß gegen den Persönlichkeitsschutz des Opfers. Die Medieninhaberin nahm am Verfahren nicht teil.

Absichtliche Irreführung

Der Senat des Presserats hält die Berichterstattung für in sich widersprüchlich. Schließlich sei im Artikel selbst davon die Rede, dass ein "14-jähriger Wiener" ein Messer gezogen und "dem Tschetschenen in den Bauch" gestochen habe und dass der 14-Jährige vorübergehend festgenommen worden sei. Über dem Titel und neben dem verpixelten Foto des Opfers führe der Text "Der Tschetschene wurde gefasst und angezeigt" aber in die Irre, urteilt der Presserat. Für absichtliche Irreführung sieht der Senat zwar keinen Anhaltspunkt, der Artikel verletze aber dennoch das Gebot, Nachrichten gewissenhaft und korrekt wiederzugeben.

Ausreichend verpixelt

Keinen Ethikverstoß sieht der Senat hingegen in der Veröffentlichung des Fotos des Opfers, er erachtet das Gesicht des Opfers als ausreichend verpixelt. Der Senat fordert die Medieninhaberin von "Oe24" auf, die Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen oder darüber zu berichten. (red, 10.1.2019)