Ursula Strauss ist Michelle Sendracek in "Wischen ist Macht" – ab Montag, 27. Jänner, um 21.05 Uhr in ORF 1.

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"Dreck.Weg.Sendracek" lautet das Motto der Putzfirma von Michelle Sendracek. Und der klingende Name der Chefin ist Programm, wenn Ursula Strauss mit ihrer Truppe ausrückt, um das Chaos noch zu potenzieren. Beruflich und privat. "Wischen ist Macht" heißt die neue ORF-Comedyserie, die ab 27. Jänner immer montags in Doppelfolgen um 21.05 und 21.30 Uhr in ORF 1 auf dem Programm steht.

STANDARD: Sie spielen in "Wischen ist Macht" die Chefin eines Putztrupps. Wie halten Sie es persönlich mit dem Putzen?

Strauss: Ich tue es.

STANDARD: Gerne?

Strauss: Ja, ich finde, dass Putzen ein durchaus reinigender Vorgang ist. Nicht nur oberflächlich, sondern auch den Geist reinigend. Es ist gut, etwas sauber zu machen, und ich finde es nicht unangenehm. Es ist aber nicht so, dass es meine absolute Lieblingsbeschäftigung ist. Putzfrau zu sein ist ein hochehrenwerter Beruf, der zu Unrecht nicht mehr gewürdigt wird.

STANDARD: Sie putzen auch Ihre Gedanken durch?

Strauss: Ordnung zu schaffen reinigt den Geist. Grundsätzlich bin ich ein sehr chaotischer Mensch, habe aber eine unglaubliche Sehnsucht nach Struktur. Ich schaffe es nur nicht, sie umzusetzen. Zwischendurch ist es aber angenehm, eine Annäherung an diese Sehnsucht zu schaffen. Das hält aber nicht lange an, weil ich nicht verstehe, wie ich mit dem vielen Papier daheim umgehen soll. Es entstehen Papierhaufen, weil man es nicht wegtun will, damit man es nicht vergisst. Dann wird der Haufen zu groß, man halbiert ihn, irgendwann gibt es zehn Haufen statt nur mehr einen. Das macht mich wahnsinnig. Ich schaffe es aber nicht, diese Papiersituation zu lösen. Saubermachen gibt mir für kurze Momente das Gefühl, eine Ordnung zu haben, weil man selbst eh das Chaos ist.

STANDARD: Wie oft wird bei Ihnen geputzt?

Strauss: Das ist schwer zu sagen, weil ich so ein unregelmäßiges Leben habe. Wenn ich arbeite, bin ich selten zu Hause. Ich war zum Beispiel so lange nicht einkaufen, weil ich zweieinhalb Monate mit Dreharbeiten in Berlin und Frankfurt verbracht habe. Da befindet man sich in Hotelzimmern, die von anderen Menschen gereinigt werden. Unlängst bin ich nach längerer Zeit wieder in Wien angekommen und habe mir gedacht, ich freue mich schon, wenn ich die Wohnung putze, weil das Alltag bedeutet. Zu Hause sein und Zeit dafür haben, das ist ein Luxus. Insofern ist Putzen für mich ein Luxus.

STANDARD: Aber wohl auch eine Zeitfrage?

Strauss: Ich habe keine 500 Quadratmeter, sondern eine recht überschaubare Wohnung. Es dauert also keine drei Tage, bis die Wohnung geputzt ist. Das kann man hinbekommen. (lacht) Das Thema ist in ein, zwei Stunden erledigt, wenn man es ordentlich macht.

STANDARD: Und greifen Sie zwischendurch auf eine Putzfrau oder einen Putzmann zurück?

Strauss: Ja, sonst könnte ich das gar nicht schaffen. Es ist ja auch ein Vorgang, der anstrengend ist.

STANDARD: Kommen bei Ihnen technischen Hilfsmittel wie ein Saugroboter zum Einsatz?

Strauss: Für den Garten habe ich einen Rasenmäherroboter. Ich hasse Rasenmähen. Und Rasen mähen muss man ganz schön oft. Das kostet so viel Zeit. Das ist ein Luxus, dass der einfach herumfährt und alles mäht. Was ich liebe, ist Gartenarbeit und ganz generell mit den Händen zu arbeiten.

STANDARD: Durch die Dreharbeiten zu "Wischen ist Macht" – hat sich Ihr Zugang zum Putzen verändert?

Strauss: Nein, ich habe vorher geputzt, und ich werde danach putzen. Das Spannende war für mich der Sprung in ein anderes Format, eine neue Spielwiese. Es war sehr aufregend, diese Serienfigur zu entdecken. Ich finde sie total super. Eine bodenständige, patente Frau, die ständig auf der Flucht vor ihrem eigenen Dasein ist und sich deshalb wahnsinnig gerne ablenken lässt. Sie nimmt alles mit Freude auf, was sie von sich selber ablenkt. Was auch super war: Ich habe im Dialekt sprechen können.

STANDARD: Das kommt bei anderen Rollen wohl nicht so oft vor.

Strauss: Nein, und es war auch nicht klar, ob es geht. Ich bin total froh, dass es funktioniert hat. Das passt zu dieser Figur. Es war auch sehr aufregend, das Team zu entwickeln. Als wir nach intensiven Leseproben zum ersten Mal gemeinsam zu fünft am Set standen, mussten wir uns erst finden. Die Serie ist sehr schnell, hat viel Tempo und eine hohe Dichte, was ich sehr mag. Wir haben uns reingehängt und geackert. Ich hoffe, es funktioniert für die Zuseher, und es wäre schön, wenn es ein paar Leute gibt, die Spaß daran haben.

Die Putztruppe (v. li.): Manuel Sefciuc (Valentin), Lilian Jane Gartner (Zoe), Ursula Strauss (Michelle Sendracek), Zeynep Buyraç (Mira) und Stefano Bernardin (Fernando).
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STANDARD: Wie war das Eintauchen in ein neues Genre? Braucht es eine spezielle Vorbereitung, oder entsteht alles am Set?

Strauss: Ich habe bereits in Komödien gespielt, komme auch vom Theater und weiß im besten Fall schon, was es braucht, dass ein Schmäh funktioniert. Meistens ist es die Rhythmusverschiebung zwischen Tempo und Pause. Und die absolute Wahrhaftigkeit in der Darstellung der Figuren. Mein Hauptinteresse war, meine Figur mit all ihren Spleens möglichst ernst zu nehmen. Mit all ihren Sorgen, aber auch ihrer Freude und Schrulligkeit. Komödie funktioniert nur, wenn es ernst gemeint ist. Wenn es ein existenzielles Problem ist, das du lösen musst. Man versucht, kämpft und scheitert oder gewinnt. Ich bin schon aufgeregt, habe echt Spundus und einen großen Respekt.

STANDARD: Wie definieren Sie Erfolg? Über die Quoten?

Strauss: Wenn Feedback von Leuten kommt, dass sie Spaß hatten und lachen konnten. Quote ist etwas, das sich verschoben hat. Nachdem sich die Fernsehgewohnheiten ändern und Seher der ORF-TV-Thek nicht oder erst viel später zur Quote dazugerechnet werden, ist es so schwierig zu beurteilen. Einen Teil machen auch die Journalisten aus: Wie wird es kritisiert? Es ist eine Mischung aus den Zusehern, den Reaktionen und Kritiken der Presse und natürlich auch der Quote. Seit ich in dem Fernsehgeschäft bin, habe ich versucht, mich nicht darauf zu konzentrieren. Quote ist für mich nicht greifbar. Ich tue mir leichter, wenn jemand da sitzt und sagt, er hat es lustig gefunden.

STANDARD: Die guten Quoten von "Schnell ermittelt" werden schwer erreichbar sein.

Strauss: Das ist auch anderes Format, nicht Hauptabend um 20.15 Uhr, sondern um 21.05 Uhr. Das ist schon einmal ein Unterschied. Außerdem dauert eine Folge nur 25 Minuten. Für mich war es auch wichtig, dass die Figur eine andere ist als Angelika Schnell. Und die ist wirklich ganz anders.

STANDARD: Im Umgang mit ihren Mitarbeitern ist sie kernig und robust.

Strauss: Die Mitarbeiter sind ja auch kernig und robust. Sie lassen ihre Chefin auch immer wieder ordentlich hängen und kennen keinen Schmerz. In Wirklichkeit sind sie aber eine Familie, die würden nicht ohne einander können. Das sind gestrandete Existenzen, die einander zum Leben brauchen. Für ihre Mitarbeiter würde sie durchs Feuer gehen. Es ist wie in einer Familie: Kommt jemand von außen, wird er verjagt, aber innerhalb der Struktur darf man schon schimpfen. Und sie hat auch Grund zum Schimpfen, so ist es ja nicht.

STANDARD: Weil die Mitarbeiter nicht spuren?

Strauss: Sie machen alles andere außer arbeiten. Es gibt nur eine, die arbeitet, alle anderen machen immer nur Blödsinn und alles schlimmer. Die Chefin befindet sich am Existenzminimum. Sie hat keine Kohle, der Ex-Mann schröpft sie, und trotzdem möchte sie für ihre Mitarbeiter sorgen. Die Voraussetzungen sind alles andere als gut, entspannt in einen Arbeitstag zu gehen, wenn man vier Chaoten im Team hat. Spuren die Mitarbeiter nicht, geht die Firma den Bach runter, und alle sind arbeitslos. (Oliver Mark, 12.1.2020)