Bilderrätsel: Worin unterscheiden sich diese beiden frischgebackenen republikanischen Funktionsträger voneinander? Sebastian Kurz (li.) und Werner Kogler kurz nach ihrer Angelobung in der Wiener Hofburg.

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Alles war gerichtet für die Angelobung der neuen, dem Gedanken klimatischer Kontinuität verpflichteten Bundesregierung. Da mengte ausgerechnet der frischgebackene Vizekanzler einen modischen Wermutstropfen in den bis obenhin gefüllten Freudenbecher.

Werner Kogler trug – so weit, so gut – beim Termin in der Hofburg ein blütenweißes Hemd. Nur zum Umbinden einer Krawatte hatte sich der Steirer nicht durchringen wollen. Einen dicken Hals bekamen daraufhin andere: zum Beispiel ein Boulevard-Postler und andere notorische Verteidiger abendländischer Umgangsformen. Die schreiben zwar fallweise darüber, dass kein 14-jähriger Räuber damit rechnen darf, mit dem Leben davonzukommen ("Wer alt genug zum Einbrechen ist, der ist auch alt genug zum Sterben"). Beim Fehlen eines einfachen Schlipses hört sich dagegen auch für minder engagierte Verfechter des Kindeswohls der Spaß auf.

Wie einst Joschka Fischer

Dabei steht Werner Koglers Krawatten-GAU in einer Tradition, die ihrerseits einige Ehrwürdigkeit für sich beanspruchen darf. Es war 1985, als der damalige grüne Krawallschläger Joschka Fischer den Schwurfinger vor dem hessischen Ministerpräsidenten Holger Börner (SPD) erhob. Fischer, zum Umweltminister angelobt, erschien zur Zeremonie in legeren Turnschuhen.

Börner war der mit der "Dachlatte". Auseinandersetzungen mit Demonstranten hatte dieser volkstümliche Mann empfohlen, "mit der Dachlatte zu regeln". Fischer konterte das rhetorische Gepolter auf seine Weise: schuhmodisch.

Es war eine unschuldige Zeit, ohne Höschenblitzer und Nipplegates. Wir dürfen aus gegebenem Anlass daran erinnern: Werner Kogler trug keine Socken in den Sandalen. Er vermied auch sonst Tiefpunkte des guten Geschmacks. So verzichtete er auf das Tragen eines T-Shirts mit lustigem Spruch, wie z.B. dem naturschützerischen: "Ich bin gut zu Vögeln!" oder: "Bin nicht türkis hinter den Ohren!" (Ronald Pohl, 11.1.2020)