Da staunen die hohen Herren: Elsa von Brabant (Cornelia Beskow) trifft ihren Retter Lohengrin (Klaus Florian Vogt)
Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wenn ein Staatsoperndirektor vor den Vorhang tritt, muss er in der Regel von einem Problem berichten. Tatsächlich erwischte Tenor Piotr Beczala die Grippe, worauf es galt, Klaus Florian Vogt zu präsentieren. Dominique Meyer musste allerdings nicht nur einen neuen Namen verkünden. Er bat auch um Vergebung, dass die Vorstellung etwas später beginnen würde. Dirigent Valery Gergiev wolle mit Vogt noch kurz plaudern, um etwas bezüglich der Aufführung von Wagners Lohengrin zu klären.

Der Ritter, der per Schwan zur Rettung von Elsa herbeischwebt, also Vogt, musste ja aus Bayreuth anreisen. Da es mit dem Flieger nicht klappte, galt es, die Donaustadt vierrädrig zu erreichen. Zeitlich also alles sehr knapp und improvisiert. Vogt, der einst in der Premiere der rustikalen Inszenierung von Andreas Homoki gesungen hat, erwies sich dann aber – bezogen auch auf die Qualität – als Retter der Vorstellung: Im Lyrischen zelebrierte er eine zarte oboenartige Linienführung; im Expressiven leuchtete sein Tenor ohne Einbußen bei Glanz und Klarheit auf. Dass er eher als Ritter von der statuarischen Gestalt wirkte, ist ob der spontanen Umstände nur zu verständlich.

Regungslosigkeit in Unterwäsche

In der großen Holzkiste, die eine Menge bäuerlicher Menschen mit Bierkrügen beherbergt, fällt dies ohnedies kaum auf; die Inszenierung bewegt sich nahe der Regungslosigkeit. Sie fordert vom bösen Friedrich von Telramund (vokal imposant Egils Silins), der Ehre und Hose verliert, zwar Mut zur Unterwäsche. Und auch Kontrahent Lohengrin muss einige Zeit im Nachthemd verbringen.

Dynamik entsteht jedoch eher nur im Musikalischen: Wenn der Chor sich zu großer Intensität aufschwingt, wird das Bühnengeschehen quasi mitgerissen. Gergiev motiviert in diesem Sinne.

Grob, scharfkantig, opulent

Ende des ersten Aktes schmelzen vokale und instrumentale Äußerungen dann aber doch etwas grob ineinander. Leider ist "grob" auch der uncharmant passende Ausdruck für manch vokale Leistung. Ortrud (Linda Watson) wirkt etwas zu scharfkantig, um Nuancen weniger herb ist Cornelia Beskow (als Elsa). Und Ain Anger fand (als Heinrich) schließlich zu einer gewissen Klarheit. Immerhin präsentierte Heerrufer Boaz Daniel kultivierte Sangeskunst.

Im Orchestergraben war viel Energie zugegen. Gergiev befeuerte, setzte Akzente, es pulsierte und wirkte opulent. Irgendwie dominierte jedoch sehr oft eine Art pauschale Energie, die manches Detail unter sich begrub. Dennoch Applaus für alle, besonders für Ritter und Retter Vogt. 12., 16., 19. 1. (10.1.2020, Ljubiša Tošić)