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Für die EVP hat Viktor Orbán keine großen Sympathien mehr.

Foto: Reuters / Tamas Kaszas

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán stellt sich offenbar zunehmend auf den Austritt seines Fidesz aus der bürgerlichen Parteienfamilie der Europäischen Volkspartei ein. Die EVP, der auch die ÖVP angehört, "in ihrer gegenwärtigen Form" interessiere ihn nicht, erklärte Orbán am Donnerstag auf einer seltenen Pressekonferenz in Budapest.

Die Parteienfamilie, die über die mandatsstärkste Fraktion im EU-Parlament verfügt, gehe in die falsche Richtung. Sie unterscheide sich kaum mehr von linken und liberalen Parteien und müsse sich ändern, behauptete Orbán.

Die Mitgliedschaft der rechts-populistischen Fidesz-Partei in der EVP ist allerdings seit März des Vorjahres suspendiert. Das bürgerliche Parteienbündnis reagierte damit auf das Streben Orbáns, die Demokratie in Ungarn zu demontieren. Für die Wiederherstellung der Fidesz-Vollmitgliedschaft formulierte es Bedingungen und setzte einen dreiköpfigen "Weisenrat" ein, dem auch der österreichische Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel angehört (als wohl Orbán-freundlichstes Mitglied des Gremiums).

Doch nun stellt der Ungar seine eigenen Bedingungen: "Die EVP muss sich auf ihre christdemokratische Orientierung besinnen." Das schließe das Bekenntnis zu einer klaren Antimigrationspolitik, zum traditionellen Familienmodell und zur Bewahrung der nationalen Kultur und Identität ein. "Die Frage ist, ob Fidesz innerhalb der EVP die nötige Durchsetzungsfähigkeit hat, um diese Veränderungen zu erzwingen oder in Gang zu setzen", fügte er durchaus realistisch hinzu.

Unwahrscheinlicher Schwenk

Dass die EVP auf Wunsch ihres ungarischen Problemmitglieds auf eine FPÖ-Linie umschwenkt, ist praktisch ausgeschlossen. Mit seiner klaren Positionierung, so Beobachter in Budapest, bereitet Orbán den selbstgewählten Austritt aus der EVP vor. Die Choreografie soll ihm dabei helfen, das Gesicht zu wahren – zumindest vor seinen Anhängern.

Doch was dann? Rechtsrechte Parteienbündnisse wie die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), der die polnische Regierungspartei PiS angehört, oder die Identität und Demokratie (ID), zu der die FPÖ und Matteo Salvinis Lega gehören, würden Orbán jubelnd aufnehmen.

Dessen Andeutungen, dass es eine "neue christdemokratische europäische Initiative" brauche, lassen darauf schließen, dass ein aus der EVP ausgezogener Orbán künftig an einer Vereinigung von EKR und ID arbeiten könnte. An der ganz rechten – und politisch gewichtsloseren – Peripherie wäre er allemal angekommen. (Gregor Mayer aus Budapest, 10.1.2020)