Eric Demuth (li.) und Paul Klanschek gründeten vor fünf Jahren in Wien die Firma Bitpanda, Europas größte Handelsplattform für Kryptowährungen.
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Fünf Jahre nach der Gründung sprechen die Geschäftsführer der Firma Bitpanda, Eric Demuth und Paul Klanschek, im Interview über die Zukunft von Bitcoin und Co, die Facebook-Währung Libra und Bargeld. Zudem geben sie einen Einblick, welche Zukunftsvisionen sie für ihre schnell wachsendes Plattform hegen und wie sie dies erreichen wollen.

STANDARD: Wann haben Sie zuletzt im Alltag mit Bitcoin bezahlt?

Demuth: Das ist länger her.

Klanschek: Immer wieder. Die Essenslieferungen habe ich oft mit Bitcoin bezahlt. Das hat immer gut funktioniert. Zuletzt habe ich einen Flug mit Bitcoin gebucht.

STANDARD: Bitcoin ist als Zahlungsmittel aber noch nicht richtig angekommen.

Demuth: Wir haben ja ein funktionierendes Zahlungsmittelsystem. Ich benutze Bitcoin weniger, um Sachen zu bezahlen, sondern um mit Freunden in Übersee Geld auszutauschen. Dafür ist es das Einfachste.

STANDARD: Vor fünf Jahren haben Sie Bitpanda als Handelsplattform für Kryptowährungen gegründet. Wie viele sind derzeit handelbar?

Klanschek: Bei uns sind jetzt 30 Kryptowährungen handelbar. Das wird weiterhin ausgebaut. Letztes Jahr haben wir das Angebot auf Edelmetalle erweitert.

STANDARD: Wie Papiergold, bei dem Gold physisch hinterlegt ist?

Klanschek: Bei uns ist man durch ein Besitzkonstitut wirklich Eigentümer des Goldes im Tresor. Da wir große Mengen abbilden, können wir den Kunden Konditionen anbieten, die ein normaler Goldhändler nie anbieten könnte.

Demuth: Bei uns ist es egal, ob man um einen oder um 100.000 Euro Gold kauft, der Aufpreis beträgt immer 0,5 Prozent.

STANDARD: Sie nutzen bei Edelmetallen den Vorteil, dass man Token beliebig aufteilen kann?

Demuth: Absolut. Dahinter steckt die Philosophie, dass man alles beliebig splitten kann und jeder die gleichen Konditionen bekommt.

STANDARD: Zurück zu Kryptowährungen: Welche werden sich durchsetzen, und was werden die entscheidenden Kriterien sein?

Demuth: Orakel bin ich keines. Bitcoin war die erste, immer konstant die Nummer eins und wird es auch bleiben. Es zeigt sich aber, dass Bitcoin weniger ein Zahlungsmittel ist, sondern vielmehr ein Wertspeicher. Es ist eine neue Assetklasse. Viele Leute erweitern ihr Portfolio statt um Gold um Kryptowährungen. Es gibt Studien, die zeigen, dass Bitcoin gar nicht mit anderen Assetklassen korreliert – perfekt, um das eigene Portfolio zu diversifizieren.

STANDARD: Allerdings gilt Bitcoin aufgrund des hohen Energieverbrauchs nicht gerade als nachhaltig. Wie sehen Sie das?

Klanschek: Bitcoin sollte ursprünglich so fair wie möglich sein, sodass jeder mitmachen kann. Dass es so ein Ausmaß erreicht hat, ist dem Erfolg geschuldet. Das Bitcoin-System bräuchte technisch gesehen gar nicht diese Energieleistung. Es gibt viele Möglichkeiten, wie man das alternativ machen kann. Wenn das zum Problem wird, kann man switchen.

Demuth: Bitcoin entwickelt sich auch weiter. Es gibt tausende Entwickler auf der ganzen Welt, die ständig daran arbeiten. Es ist nicht alles in Stein gemeißelt.

Klanschek und Demuth sehen im hohen Energieverbauch des Bitcoin-Systems kein unlösbares Problem.
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STANDARD: Wird die Facebook-Währung Libra wie geplant heuer eingeführt werden?

Demuth: Ich hoffe doch.

STANDARD: Ist das ein wichtiger Schritt zur Weiterentwicklung von Kryptowährungen?

Demuth: Nicht für Kryptowährungen wie Bitcoin im klassischen Sinn. Aber es ist ein sehr wichtiger Schritt für viele Menschen auf der Welt, die sonst niemals Zugang zu Bankleistungen bekommen würden. Oder um Geld international mit anderen auszutauschen. Außerdem sind wir in der westlichen Welt unter Zugzwang, da die Chinesen mit ihrer eigenen Kryptowährung fertig sind, die von der Zentralbank herausgegeben wird. Bei denen gibt es einen anderen Speed. Wenn die sagen, wir machen das, dann wird es gemacht.

STANDARD: Viele andere Nationen arbeiten ebenfalls an eigenen Kryptowährungen. Macht das Sinn?

Demuth: Das macht sogar extrem viel Sinn für Staaten. Wenn die EZB einen Krypto-Euro herausbringen würde, hätte sie noch viel mehr Kontrolle und Einsicht in sämtliche Transaktionen und wo sich Geld befindet. Zudem ist die Verwaltung von Bargeld extrem teuer, das würde wegfallen.

STANDARD: Wäre das der Anfang vom Ende des Bargelds?

Demuth: Ich halte Bargeld im digitalen Zeitalter für überholt und unnötig. Es gibt aber noch viele Menschen, die mit digitalen Sachen gar nichts anfangen können. Es muss ziemlich lange Übergangszeiten geben, weil man diese Bevölkerungsgruppen nicht ausschließen kann. Aber ein bisschen mehr könnte man schon in Richtung Digitalisierung des Geldes unternehmen.

Klanschek: Das ist eine gute Entwicklung, weil Bargeld extrem teuer ist. Irgendwer muss das bezahlen, im Endeffekt sind es die Steuerzahler.

STANDARD: Man kann im Kryptobereich mit Token auch Wertpapiere wie Aktien oder Anleihen abbilden. Wird es nebeneinander zwei Ökosysteme geben, den klassischen Finanzmarkt und Kryptoassets, oder werden beide zusammenwachsen?

Klanschek: Die klassischen Börsen verfügen über eine sehr gute Infrastruktur, weil so viel Geld dahinter steckt. Wenn das Settlement über Token erfolgt, kauft man Aktien und besitzt sie sofort, es fallen viele Kosten weg. Deshalb wird es in bestehende Prozesse eingebaut werden. Die Vorteile aus beiden Welten nutzen und ein super System daraus bauen, so wird es wahrscheinlich kommen.

Demuth: Das Wichtigste ist die User Experience. Also, dass man Aktien über eine App handeln kann und nicht erst wissen muss, wie Orderbücher funktionieren. Leute, die noch nie mit Aktien gehandelt haben, sind damit völlig überfordert.

STANDARD: Sie haben für heuer vieles in der Produkt-Pipeline, wollen das aber nicht spoilern, also nicht über ungelegte Eier reden…

Demuth: Es ist in unserer Branche keine gute Idee, wenn man das macht.

STANDARD: Es geht um die große Vision. Wo wollen Sie mit Bitpanda hin in den nächsten Jahren?

Demuth: Grob gesagt: Investments für jeden zugänglich machen, egal welchen Betrag er am Konto hat. Nach Kryptowährungen haben wir mit Edelmetallen angefangen. Was die nächsten Sachen werden, kann ich jetzt noch nicht sagen.

Klanschek: Man soll nicht mehr gezwungen sein, mehrere Plattformen zu nutzen, sondern alles auf einer Seite vorfinden.

STANDARD: Wollen Sie Bitpanda an die Börse bringen?

Demuth: Momentan sind wir davon noch weit weg.

STANDARD: Wie kam es zum Namen Bitpanda?

Demuth: Wir hießen am Anfang Coinimal – ein furchtbarer Name. Es musste etwas anderes her. Wenn wir international groß werden wollen, muss es überall leicht verständlich sein. Und Panda heißt in allen Sprachen gleich. (Alexander Hahn, 12.1.2019)