Firefox ist einen neuen Blick wert.

Foto: Pichler / STANDARD

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Rund zwei Drittel aller Internet-User weltweit verwenden mittlerweile Chrome als Browser. Zahlen, die regional und je nach Webseite variieren mögen, klar ist aber, dass die Google-Software längst eine dominante Position im Web eingenommen hat. Gleichzeitig hat Mozillas Firefox in den vergangenen Jahren kontinuierlich Marktanteile verloren. Und doch gibt es gute Gründe, den Weg in die andere Richtung zu beschreiten und von Chrome zurück auf Firefox zu wechseln.

Privatsphäre

Es ist die Achillesferse von Chrome: Hinter dem Browser steckt mit Google einer der größten Datensammler der Welt. Und auch wenn die Chrome-Entwickler gerne betonen, dass dies keinen Einfluss auf die Entwicklung hat, ist doch unübersehbar, dass die meisten anderen Browser mittlerweile deutlich aggressiver beim Schutz der Privatsphäre vorgehen. So blockiert Firefox bereits von Haus aus viele jener Tracker, die das Verhalten von Webseiten-Nutzern quer durch das Internet verfolgen. Damit steht man in einem krassen Gegensatz zum Google-Browser, wo schnell einmal das gesamte Surfverhalten für Werbezwecke ausgewertet wird, wenn man allzu leichtsinnig den vorgeschlagenen Optionen zustimmt.

Natürlich gibt es auch bei Chrome über diverse Maßnahmen – etwa den Verzicht auf die Nutzung eines Google-Accounts und den Einsatz externer Erweiterungen zum Tracker-Blocking – die Möglichkeit, die Datensammlungen zu begrenzen. Aber es macht einen Unterschied, wenn so etwas bereits von Haus aus erfolgt. Und es ist davon auszugehen, dass Mozilla hier noch weitere Verschärfungen vornehmen wird. Immerhin hat man erkannt, dass man in diesem Bereich den zentralen Vorteil gegenüber Chrome hat.

Geschäftsmodell

Und damit kommen wir auch schon zum zweiten Punkt: dem Geschäftsmodell. Mozilla finanziert sich zwar ebenfalls indirekt über das Werbegeld von Google – aber eben nur indirekt. Haupteinnahmequelle sind Suchmaschinen-Deals, also in diesem Fall die Voreinstellung von – in den meisten Ländern – Google als Default-Suche im Browser. Natürlich wäre eine komplette finanzielle Unabhängigkeit zu bevorzugen, trotzdem kann die Firma damit weitgehend unbeeindruckt von den Interessen des Partners agieren. Wichtig für Mozilla ist in dieser Dynamik nur, dass man möglichst viele Nutzer hat.

Das steht in einem krassen Gegensatz zu Google selbst: Denn so gerne man dort auch betont, wie wichtig doch die Privatsphäre der eigenen Nutzer ist, so vergleichsweise bescheiden sind die Schritte in diese Richtung. Würde Chrome damit beginnen, ähnlich umfassend Tracker zu blockieren wie Firefox, würde das direkt dem Kerngeschäft von Google schaden. Entsprechend verwundert es nicht, dass die bisher von Google gegen die aktuellen Auswüchse des Nutzertrackings vorgeschlagenen Konzepte gleichermaßen kompliziert wie weit weg von einer realen Umsetzung sind. Dem steht mit Mozilla eine Non-Profit-Organisation gegenüber, die sich auch jenseits des Browsers für ein offenes Web starkmacht.

Monopol

Es wurde einleitend schon erwähnt: Chrome dominiert das Web, und zwar sowohl am Desktop als auch am Smartphone. Die Zeiten des großen Wachstums für die Google-Software scheinen zwar langsam vorbei zu sein, trotzdem zeigen sich durch diese Dominanz zunehmend negative Effekte: Immer öfter kommt es vor, dass Webentwickler ihre Seiten lediglich für Chrome – oder, genauer gesagt, für dessen Open-Source-Basis Chromium und die darin enthaltene Rendering Engine Blink – optimieren. Dies lässt bei vielen unerfreuliche Erinnerungen an die Zeiten des Internet Explorer 6 wach werden, als sich Webseitenentwickler oft recht wenig um alternative Browser scherten und deren Nutzern damit alle möglichen Probleme bescherten.

Ganz fair ist der IE6-Vergleich allerdings nicht, immerhin ist die Basis von Chrome Open Source und kann damit von anderen für eigene Browser genutzt werden – was auch viele tun, von Microsoft beim neuen Edge über Opera bis Brave. Trotzdem hat damit eine Firma wie Google eine nicht zu unterschätzende Macht über die Weiterentwicklung des Webs. Als Browser mit komplett eigener Rendering Engine bleibt derzeit eigentlich nur mehr Firefox übrig, wo man weiter auf Gecko beharrt. Safari benutzt zwar mit Webkit auch eine andere Basis, diese hat aber eine gemeinsame Vergangenheit mit Blink, weist also viele Ähnlichkeiten auf.

Features

Zu all diesen grundlegenden Überlegungen kommt aber noch ein weiterer Faktor: Firefox ist in den vergangenen Jahren einfach (wieder) ein erheblich besserer Browser geworden. Im Rahmen des Projekts Quantum wurde der Ressourcenverbrauch erheblich reduziert, er agiert also wesentlich flotter und auch sonst sparsamer. Und die Weiterentwicklung schreitet rasant voran, alle paar Wochen gibt es eine neue Version der Software. Mit der aktuellsten Release geht man gerade gegen nervige Benachrichtigungs-Pop-ups vor – etwas, das bei Google erst später folgen soll. (red, 13.1.2020)