"Geh zurück, Modi" steht auf den Plakaten der Demonstranten in Kolkata.

Foto: AFP/DIBYANGSHU SARKAR

Kolkata – Im ostindischen Kolkata haben zehntausende Menschen erneut gegen das umstrittene Staatsbürgerschaftsgesetz protestiert. Die Polizei ging am Sonntag mit Schlagstöcken gegen Demonstranten vor, um sie nach eigenen Angaben daran zu hindern, den Konvoi mit Premierminister Narendra Modi auf dem Weg zum Stadion zu stoppen, wo er in einer Rede für das umstrittene Gesetz werben wollte.

Die Hauptstadt des Bundesstaats Westbengalen ist eine der Hochburgen des Widerstands gegen das Gesetz. Knapp 2.000 Demonstranten hatten sich zuvor vor dem Stadion versammelt, verbrannten Bilder des indischen Premierministers und riefen "Faschist Modi, geh zurück". Mehr als 100 Demonstranten wurden nach Angaben der Polizei festgenommen. Modi bezeichnete die Demonstranten bei seiner Rede später als "fehlgeleitet".

Frauenproteste in Kolkata und Delhi

Bereits seit Tagen kam es in der Stadt im Osten des Subkontinents zu Sit-ins in Parks. Im Park Circus hatten sich seit Anfang der Woche etliche Menschen versammelt, um gegen das Gesetz zu protestieren. Angeleitet wurde die Protestwelle im Park vor allem von Frauen.

Bereits seit Dezember gibt in der Hauptstadt Delhi regelmäßig solche von Frauen angeführten Sit-ins gegen das umstrittene Gesetz.

Westbengalen setzt Gesetz nicht um

Die Regierungschefin von Westbengalen, Mamata Banerjee, weigert sich, das Staatsbürgerschaftsgesetz umzusetzen. Es ermöglicht Angehörigen religiöser Minderheiten aus Bangladesch, Pakistan und Afghanistan, die vor 2015 ohne gültige Papiere ins Land kamen, eine vereinfachte Einbürgerung. Muslime sind jedoch davon ausgeschlossen.

Während die Regierungspartei BJP in vielen der 29 Bundesstaaten Indiens den Regierungschef ("Chief Minister") stellt, ist Westbengalen seit 2011 fest in der Hand der lokalen Trinamool-Partei von Banerjee, die dort eine Zweidrittelmehrheit hält. Davor war Westbengalen jahrzehntelang kommunistisch regiert. Bei den landesweiten Wahlen im Mai 2019 konnte die BJP erstmals in der Geschichte massiv Stimmen aus dem Bundesstaat gewinnen. Nichtsdestotrotz gilt Westbengalen unter Banerjee weiterhin als regierungskritisch.

200 Millionen Muslime

Kritiker werfen Modis hinduistisch-nationalistischer Partei BJP vor, die 200 Millionen Muslime im Land zu diskriminieren. Das sind etwa 14 Prozent der Gesamtbevölkerung. Seit der Verabschiedung des Gesetzes durch das Oberhaus im Dezember kommt es immer wieder zu Kundgebungen.

Dabei starben mindestens 27 Menschen, hunderte weitere wurden bei Zusammenstößen mit der Polizei verletzt. Den Behörden wird vorgeworfen, unverhältnismäßig hart gegen die Demonstranten vorzugehen, vor allem an den Unis des Landes. (APA, red, 12.1.2020)