Bild nicht mehr verfügbar.

Laut US-Verteidigungsminister Mark Esper, gab es keine konkreten Hinweise, dass der Iran Angriffe auf US-Botschaften geplant habe.

Foto: Reuters / Tom Brenner

Washington – US-Verteidigungsminister Mark Esper zufolge haben die US-Geheimdienste keine konkreten Hinweise darauf, dass der Iran Angriffe auf US-Botschaften plant. Präsident Donald Trump hatte mit dieser Bedrohung die Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani gerechtfertigt.

"Der Präsident hat nicht auf ein spezifisches Beweismittel verwiesen", sagte Esper am Sonntag dem Sender CBS. "Was der Präsident gesagt hat, ist, dass es möglicherweise weitere Angriffe auf Botschaften geben könnte." Auf die Frage, ob Geheimdienstler konkrete Beweise dafür vorgelegt hätten, sagte Esper: "Ich habe keinen mit Blick auf die vier Botschaften gesehen."

Trump hatte am Freitag erklärt, die USA hätten mit der Tötung Soleimanis im Irak geplanten Angriffen auf US-Botschaften zuvorkommen wollen. "Wir haben es getan, weil sie unsere Botschaft in die Luft sprengen wollten." Sowohl demokratische als auch republikanische Senatoren hatten bereits kurz nach Soleimanis Tötung Zweifel an Trumps Darstellung geäußert. Was dem Senat als Begründung für den Drohnenangriff vorgesetzt wurde, sei "verrückt" und "unamerikanisch", schimpfte Trumps Parteikollege Mike Lee.

Proteste in Teheran

Unter Druck gerät indessen auch die iranische Regierung, nachdem sie am Samstag den Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine eingestanden hat. Dabei kamen alle 176 Insassen der Boeing 737-800 der Ukraine International Airlines ums Leben. Bei den Opfern handelte es sich um 57 iranischstämmige Kanadier, aber auch Afghanen, Briten, Schweden und Ukrainer.

Der Iran hatte zunächst Spekulationen über einen Abschuss vehement zurückgewiesen und einen technischen Defekt als Ursache genannt. In der Nacht auf Samstag übernahm Luftwaffenchef Amir Ali Hajizadeh jedoch die volle Verantwortung und erklärte, dass ein Defekt im militärischen Kommunikationssystem zu dem Abschuss geführt habe.

Infolge dessen demonstrierten am Samstagabend tausende Iraner vor der Amir-Kabir-Universität in Teheran und am Sonntag bis zu 3.000 auf dem Azadi-Platz. Sie forderten den Rücktritt Ali Khameneis, des politischen und geistlichen Oberhaupts des Iran. "Sie lügen, wenn sie sagen, unser Feind ist Amerika. Unser Feind ist hier", skandierten dutzende Demonstranten, einige auch "Tod dem Diktator".

Auch Oppositionsführer Mehdi Karroubi forderte Khameneis Rücktritt. In einer Stellungnahme fragte Karroubi, warum es so lange gedauert habe, bis die Öffentlichkeit über die wahren Ursachen des Absturzes informiert wurde. Die Führung in Teheran dementierte indessen Vorwürfe, wonach sie versucht habe den Abschuss zu vertuschen.

Trump stellt sich hinter Demonstranten im Iran

Die Bereitschaftspolizei ging mit Tränengas gegen die Demonstranten in Teheran vor. US-Präsident Trump stellte sich daraufhin am Sonntag hinter die Protestierenden. Auf Twitter schrieb er, an die iranische Führung gerichtet: "Tötet nicht eure Demonstranten. Tausende sind schon von euch getötet oder eingesperrt worden, und die Welt beobachtet euch. Wichtiger, die USA beobachten euch. Schaltet euer Internet wieder ein und lasst Reporter frei arbeiten. Stoppt das Töten eurer großartigen iranischen Leute!"

Der Iran bezeichnete Trumps Äußerungen als absurd. "Stehen Sie an der Seite der Iraner oder gegen sie, wenn Sie ihren Nationalhelden (Soleimani) in einer Terroraktion töten lassen?", fragte Außenamtssprecher Abbas al-Moussawi am Sonntag auf Twitter. Außerdem habe Trump kein Recht, auf Persisch zu twittern, nachdem er jahrelang das iranische Volk mit Drohungen und Sanktionen terrorisiert habe.

Am Sonntag twitterte Trump auch, sein Nationaler Sicherheitsberater gehe davon aus, dass die Sanktionen und Proteste den Iran an den Verhandlungstisch zwingen würden. "Tatsächlich könnte es mir egaler nicht sein, ob sie verhandeln. Es wird völlig ihnen überlassen sein, aber: keine Atomwaffen und 'tötet eure Demonstranten nicht'", schrieb er.

Europa verschärft den Ton im Atomkonflikt

Eine Produktion von Atomwaffen im Iran will man auch in Europa verhindern. Russland und Frankreich wollen sich deshalb für den Erhalt des internationalen Atomabkommens einsetzen. Dessen Rettung sei im Interesse aller, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron am Montag nach einem Telefongespräch mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin.

Am Sonntagabend hatte Frankreich zusammen mit den anderen europäischen Unterzeichnerstaaten Deutschland und Großbritannien den Iran aufgefordert, zur Einhaltung des Vertrags zurückzukehren, der das Land am Bau von Atomwaffen hindern soll. Andernfalls sei mit härteren Schritten zu rechnen. Das lässt sich als Drohung verstehen, den im Atomabkommen enthaltenen Mechanismus zur Konfliktlösung auszulösen. Dieser könnte, muss aber nicht in eine Wiedereinsetzung von UN-Sanktionen gegen den Iran münden.

Die Übereinkunft aus dem Jahr 2015 hängt an einem seidenen Faden, seit die USA 2018 einseitig ausgestiegen sind und neue Sanktionen verhängt haben. Als Reaktion darauf ignoriert der Iran seit Juli immer mehr Verpflichtungen aus der Vereinbarung. Nach der Tötung Soleimanis erklärte das Land, sich künftig überhaupt nicht mehr an Beschränkungen bei der Urananreicherung gebunden zu fühlen.

Deutschland hat den Iran vor weiteren destabilisierenden Aktionen in der Nahost-Region gewarnt. Außenminister Heiko Maas sagte am Montag: "Wenn der Iran deeskalieren will, dann muss er auch aufhören, in der Nachbarschaft zu zündeln, das gilt auch im Irak." Mit Blick auf die regierungskritischen Proteste in Teheran sagte er: "Auch im Iran haben die Menschen das Recht auf freie Meinungsäußerung."

Raketenbeschuss irakischer Militärbasis

Am Sonntag kam es auch zu Angriffen auf eine von US-Truppen genutzte irakische Militärbasis. Acht Katschuja-Raketen landeten dabei im Inneren des Luftwaffenstützpunkts Al-Balad, teilte das irakische Militär mit. Dabei seien vier irakische Soldaten verletzt worden. Die meisten US-Soldaten hatten den Stützpunkt bereits wegen des Konflikts verlassen. Wer hinter dem Angriff steckte, war zunächst unklar. Der Stützpunkt liegt rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad.

Der Kommandant der iranischen Revolutionsgarden, Hossein Salami, betonte indes, dass die Raketenangriffe vom vergangenen Mittwoch nicht die Tötung von US-Soldaten zum Ziel gehabt hätten. (red, APA, 13.1.2020)