Rechts oben eines der winzigen Sternenstaubkörnchen, dessen Alter nun bestimmt wurde. Forscher gehen davon aus, dass es aus einem protoplanetaren Nebel wie dem hier abgebildeten stammen könnte.
Fotos: Nasa (W. Sparks und R. Sahai) bzw. Janaína Ávila für das Staubkörnchen

Es sind Zeitspannen, die unvorstellbar sind: Nach dem heutigen Wissensstand fand der Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren statt, vor 13,6 Milliarden Jahren entstand die Milchstraße, also jene Galaxie, in der sich unser Sonnensystem befindet. Unsere Sonne wiederum ist mit 4,6 Milliarden Jahren relativ jung, und die Erde bildete sich vor 4,5 Milliarden Jahren.

Dennoch fanden US-Forscher nun in einem Meteoriten winzige Staubkörnchen, die bis zu sieben Milliarden Jahre alt sind. Das ist das älteste feste Material, das je auf der Erde gefunden wurde. Die besondere wissenschaftliche Leistung der Forscher um Philipp Heck (Field Museum und University of Chicago) steckt freilich in der Altersbestimmung, deren Ergebnis wiederum neues Licht auf die Geschichte der Milchstraße wirft.

Sterne wie auch unsere Sonne haben Lebenszyklen, die grob verkürzt in etwa so aussehen: Ihre "Geburt" geht auf massive Ansammlungen von Staub- und Gasteilchen zurück, die durch das All schweben, kollabieren und sich erhitzen. Auf diese Weise brennen die Sterne dann für Milliarden von Jahren. Wenn sie sterben, schleudern sie Partikel ins All hinaus. Und dieser Sternenstaub bildet schließlich neue Sterne, zusammen mit neuen Planeten und Monden.

Winzigste Körnchen

Die einzige feste Materie, die älter als die Erde ist, findet sich ausschließlich in Meteoriten, die auf unsere Erde stürzten. Doch wie kann man wissen, ob in solchen Meteoriten Materie in Form von uraltem Sternenstaub enthalten ist? Und wie sieht diese Materie überhaupt aus? Konkret handelt es sich dabei um präsolare Minerale oder Körner. Dieser Sternenstaub ist winzig klein: Die hundert größten bekannten Körnchen zusammengenommen sind in etwa so groß wie der Punkt am Ende dieses Satzes.

Das hier im Detail abgebildete Sternenstaubkörnchen, das älter ist als unser Sonnensystem, misst maximal acht Mikrometer, also acht Tausendstel eines Millimeters.
Foto: Janaína Ávila

Das Forscherteam um Philipp Heck nahm für seine neue Studie präsolare Körnchen des Meteoriten Murchison unter die Lupe, der am 28. September 1969 nahe der gleichnamigen Stadt in Australien einschlug. Murchison ist aufgrund seiner Masse von 100 Kilogramm und seiner Hauptbestandteile, die zu den ursprünglichsten Stoffen des Sonnensystems gehören, bereits sehr gut erforscht.

Wie ranzige Erdnussbutter

Auch die 40 präsolaren Körnchen, über die Heck und sein Team im Fachblatt "PNAS" berichten, wurden vor 30 Jahren aus dem Meteoriten isoliert: Dafür wurden kleine Teile des Meteoriten zu einer Art Paste zermahlen, die angeblich wie ranzige Erdnussbutter stinkt und dann mit einer Säure versetzt wird. Übrig bleiben die Körnchen. Im anschaulichen Vergleich von Heck: "Es ist, als ob man den Heuhaufen abfackelt, um die Nadel zu finden."

Doch wie bestimmt man nun das Alter dieses Sternenstaubs, der aus Siliziumkarbid besteht? Dafür entwickelten die Forscher eine neue Methode: Sie maßen die Neon-Isotope, die durch Wechselwirkungen der Körnchen mit der gleichbleibenden kosmischen Strahlung entstehen – je mehr Isotope, desto höher das Alter. Auf diese Weise ließ sich ermitteln, dass einzelne Körnchen bis zu sieben Milliarden Jahre alt sein dürften, die meisten immerhin 4,6 bis 4,9 Milliarden.

Boomphase der Sternentstehung?

Damit wiederum wollen die Forscher einen wichtigen Beitrag zu einer der umstritteneren Fragen der Astrophysik liefern: Seit langem wird nämlich heftig darüber diskutiert, ob es vor der Entstehung unseres Sonnensystems eine Phase in der Geschichte des Universums gab, in der besonders viele Sterne gebildet wurden. Laut Heck würde das Alter des Sternenstaubkörnchens tatsächlich darauf hindeuten. (Klaus Taschwer, 14.1.2020)