Wie viel Schuldenlast hält das Land aus?

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Können wir uns das alles leisten? Nach der Veröffentlichung der türkis-grünen Pläne für eine künftige Steuerentlastung und neue Investitionen stand diese Frage tagelang im Fokus von Ökonomen und Kommentatoren. Die Regierung will zumindest mittelfristig ausgeglichen bilanzieren, zugleich verspricht sie aber Arbeitnehmern, Unternehmen und Bauern üppige Entlastungen und Mehrausgaben für den öffentlichen Verkehr. Da ist die Debatte über die Finanzierung nicht unberechtigt.

Aber eine andere Frage ist viel relevanter: Nutzen wir den finanzpolitischen Spielraum, der uns zur Verfügung steht, angesichts der extrem großen Herausforderungen in naher Zukunft voll aus?

Die Gemengelage sieht so aus: Seit einigen Jahren sinkt die Schuldenlast Österreichs gemessen an der Wirtschaftsleistung. Die Kosten für Kredite sind gefallen. In Relation zu den Staatseinnahmen gibt die Republik für Zinsen so wenig aus wie nie zuvor. Nichts deutet darauf hin, dass sich das ändern wird. Dafür sind die Kräfte, die für das niedrige Zinsumfeld sorgen, zu stark. Wer behauptet, Österreich habe ein Schuldenproblem, verbreitet ein Dogma oder hat von ökonomischen Zusammenhängen wenig Ahnung.

Investitionsbedarf

Zugleich herrscht enormer Investitionsbedarf. Das beginnt bei Schulen. Kein Kind soll zurückbleiben, das ist das richtige Ziel der türkis-grünen Regierung. Um es zu erreichen, braucht es Geld. Für mehr Lehrer, eine bessere Ausstattung der Klassenzimmer, mehr Betreuer in Brennpunktschulen. Zugleich wird sich der Klimawandel nicht bekämpfen lassen, ohne dass Staaten investieren, zumindest nicht, wenn es ohne soziale Verwerfungen gehen soll.

Natürlich kann Österreich nicht beliebig viel ausgeben. Die EU-Regeln geben Grenzen vor. Aber angesichts der skizzierten Herausforderungen spricht viel dafür, dass die Regierung sich eher den Vorwurf wird gefallen lassen müssen, zu zögerlich zu agieren, als auf Pump zu leben.

In der Öffentlichkeit lässt sich indes mit dem Versprechen, keine neuen Schulden zu machen, weiter punkten. Das liegt daran, dass Schuldenmachen prinzipiell in den vergangenen Jahren politisch verteufelt wurde. Dabei ist auch das ökonomisch falsch. Es kommt darauf an, wofür Geld ausgegeben wird. Kanzler Sebastian Kurz sagt gern, dass Schulden eine Belastung für künftige Generationen sind. Sogar wenn er damit recht hätte: Ein zerstörtes Ökosystem und kaputte Schulen sind eine größere Last. (13.1.2020)