Thomas Eichberger spielt sich bei der EM mit starken Paraden in den Fokus.

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Agiert momentan eher glücklos: Thomas Bauer.

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Handball live: Österreich vs. Nordmazedonien, ab 18.15

Ab und an dreht sich Thomas Eichberger im Tor um und bekreuzigt sich. "Ich bin kein Kirchengeher, aber es beruhigt mich." Eichberger ist von Beruf Handball-Torhüter, bekommt Bälle mit 120 km/h oder mehr um die Ohren geschossen. Bei der Heim-Europameisterschaft ist der 26-jährige Steirer ins Rampenlicht getreten, hat Einser-Goalie Thomas Bauer in den ersten zwei Spielen abgelöst und war maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass Österreich zwei Siege holte. "Ich hätte mir nicht erwartet, dass ich gleich so drankomme", sagt Eichberger zum STANDARD.

Eichberger hat gerade mal sechs Länderspiele absolviert, glänzte gegen Tschechien mit neun Paraden, auch gegen die Ukraine lenkte er einige Raketen ins Out ab. Anders als im Fußball ist die Hierarchie bei den Torhütern im Handball nicht einzementiert, oft wird während einer Partie munter gewechselt. "Thomas und ich sind ein Gespann, der eine reißt den anderen heraus, wenn es nicht so gut läuft." Thomas Bauer konnte bei der EM bislang fast keinen Ball halten, will aber nicht grübeln. "Einer von uns spielt immer gut, statistisch gesehen brauchen wir eine zweistellige Anzahl an Paraden pro Spiel, um zu gewinnen. Das ist gelungen. Eichi macht einen super Job."

Was nicht weh tut

Es ist ein Gespann, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Da der Spätzünder Eichberger, der erst mit 14 Jahren eine mögliche Skifahrerkarriere zugunsten des Handballs beendete, dort der 33-jährige Globetrotter Bauer, der in seiner langen Profikarriere bereits bei zehn Vereinen in Deutschland, Frankreich und Norwegen engagiert war und mit der EM sein siebentes Großereignis mit dem ÖHB-Team erlebt. Beide sind gewissermaßen verrückt, dass sie sich ins Handballtor stellen. Eichberger weiß, dass er einen Ball gehalten hat, "wenn es ordentlich brennt", das kann auch ein "geiles Gefühl sein".

Gehirnerschütterungen gehören zum Berufsrisiko. Immer zwischen den Beinen trägt ein Torhüter ein Suspensorium, einen Schutz für die Weichteile. "Ein Spiel ohne Suspensorium wäre kriminell, aber es tut auch mit Schutz weh." Bauer postete nach dem Testspiel gegen Deutschland ein Foto mit dem Abdruck eines Balls auf seiner Brust und dem Kommentar: "Didn‘t even feel it." Bauer: "Du musst so heiß sein, dass du so was gar nicht merkst."

Was weh tut

Im ersten Training bei seinem aktuellen Klub FC Porto brach sich Bauer zwei Fingerkapseln in beiden Händen, weil so wuchtig geworfen wurde. "Meine Handrücken sind sehr empfindlich, aber auf den Handflächen spüre ich keinen Schmerz." Handschuhe wie im Fußball machen keinen Sinn. "Weil: Dann könnte ich keine Gegenstöße mit Pässen einleiten. Es spielt kein Handball-Torhüter mit einem Schutzpanzer, man würde als Weichei wahrgenommen werden."

Bauer ist seit einem Jahr in Portugal aktiv, hat mit Porto Meisterschaft und Pokal gewonnen, spielt in der Champions League, ist der emotionale Leader im österreichischen Team. Eichberger steht in Graz in der heimischen Bundesliga im Kasten, hat Sport und Geschichte auf Lehramt studiert, will sich bei der EM fürs Ausland empfehlen.

Fortgesetzte Verunsicherung

Die beiden Torhüter pushen sich bei der EM in Auszeiten und Spielunterbrechungen gegenseitig, nur manchmal kommt der Frust durch. Bauer trat nach seiner Auswechslung gegen die Ukraine gegen ein Taktikbrett, bekam dafür eine Zwei-Minuten-Strafe. "Wenn man Tore kassiert, ist es wichtig, dass man nicht nachtrauert", sagt Bauer. Per Videostudium erarbeitet man sich die Bälle des Gegners, gute Reflexe reichen im modernen Handball nicht mehr aus, um zu bestehen. "Wenn die ersten Bälle reingehen, wird die Abwehr unruhig, dann der Trainer und dann das Publikum.".

Bauer sieht die schwierigste Aufgabe nun im abschließenden Vorrundenspiel gegen Nordmazedonien am Dienstag (18.15 Uhr/live ORF Sport+), in der auch eine Niederlage zum Aufstieg reichen könnte. "So können wir aber nicht ins Spiel gehen, sonst werden wir bestraft." Bei einer Niederlage kommt es auf die nachfolgende Partie zwischen Tschechien und der Ukraine an. Gewinnt die Ukraine oder gibt es ein Remis, steigt Österreich so oder so auf. Im Fall eines tschechischen Sieges reicht eine Niederlage mit bis zu drei Toren. Erzielt man zumindest 25 Tore, auch eine mit vier Treffern. Sollte Österreich mit fünf oder mehr Toren verlieren, wäre man ausgeschieden. (Florian Vetter, 14.1.2020)