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Matthijs de Ligt erwies sich in dieser Saison als Spezialist für knifflige Handspielsituationen.

Foto: AP Photo/Antonio Calanni

Eine Garnkordel oder eine Rolle Tixo. Kann gut sein, dass Matthijs de Ligt damit zu Weihnachten beschenkt wurde. Denn Juventus-Fans wollten ihrem Verteidiger in dieser Saison bereits öfters die Arme hinter dem Rücken verschnüren. De Ligt zog Handspiele im Strafraum magisch an. Neben zwei Elfmetern und zwei strittigen Situationen sorgte er damit vor allem für eines: Diskussionen darüber, wie die Handspielregel im Fußball ausgelegt wird.

Diese wurde erst im Sommer adaptiert, verwirrt aber regelmäßig – nicht nur die Serie A. In der deutschen Bundesliga bejahten zu Beginn der Rückrunde nur 19,7 Prozent der 239 befragten Bundesliga-Spieler, dass die neue Handspielregel besser nachvollziehbar sei. Für 61,5 Prozent ist sie das nicht. Die Zahlen decken sich mit der Kritik von Christian Seifert. "Ich empfinde die Interpretation des Handspiels als absolutes Ärgernis", hatte der Boss der Deutschen Fußballliga (DFL) der "Bild am Sonntag" gesagt: "Keiner weiß noch, was Hand ist und was nicht."

Aber warum eigentlich? DER STANDARD hat sich durch das Regeldickicht gekämpft. Die einzelnen Passagen werden anhand von Beispielen der aktuellen internationalen Saison erläutert, Graubereiche und Probleme aufgezeigt und dazu Unterschiede zur alten Version erklärt.

Bis zum Sommer war die Handspielregel kürzer als die Präambel der Regierungsvereinbarung. Sie stellte ausschließlich die Absicht in den Vordergrund.

Die alte Regel:

Ein Handspiel liegt vor, wenn ein Spieler den Ball absichtlich mit der Hand oder dem Arm berührt. Folgendes ist zu berücksichtigen:

– die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand)
– die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwarteter Ball)
– die Position der Hand (das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen)

Das Problem hierbei schildert der Schiedsrichtermanager des Österreichischen Fußballbundes, Andreas Fellinger: "Der Schiri kann nicht in den Kopf des Spielers sehen." Aber nur dieser wisse, ob er das Handspiel wirklich absichtlich begangen habe. Die drei Indizien halfen nur bedingt, eröffneten den Referees zusätzlich Interpretationsspielraum. Das wollte das International Football Association Board (Ifab) im vergangenen Sommer ändern.

Die Regelhüter des Fußballs wollten die Absicht mehr in den Hintergrund stellen. Das erfolgte in zwei Schritten. Zunächst einmal wurde die Absichtspassage verschlankt. Diese lautet nun:

Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler

• den Ball absichtlich mit der Hand/dem Arm berührt (einschließlich Bewegungen der Hand/des Arms zum Ball)

Diese Passage ist praktisch ein Überbleibsel der alten Version. Ein absichtliches Handspiel bleibt damit nach wie vor strafbar. Ein einziges Indiz wird angegeben: Wenn ein Spieler mit dem Arm zum Ball geht, legt das Absicht nahe. De Ligts Defensiveinsatz gegen Inter am siebenten Spieltag ist ein Beispiel dafür. Der Ellbogen des Verteidigers geht eindeutig raus, er fängt so den Ball ab. Inter bekam zu Recht einen Elfmeter zugesprochen.

VIDEO: De-Ligt-Handspiel gegen Inter

Ein weiteres Beispiel für ein absichtliches Handspiel: Luis Suarez' legendäre Handabwehr im WM-Viertelfinale gegen Ghana (0:30 im unteren Video):

Absicht ist nunmehr aber nicht mehr das einzige Kriterium. Das Ifab hat Regel 12 daher erweitert. Sie nennt nun explizit Situationen, in denen ein Handspiel strafbar ist – egal ob Absicht oder nicht.

Ein Vergehen liegt vor, wenn ein Spieler

• in Ballbesitz gelangt, nachdem ihm der Ball an die Hand/den Arm springt, und danach
– ins gegnerische Tor trifft
– zu einer Torchance kommt

• direkt mit der Hand/dem Arm (ob absichtlich oder nicht) ins gegnerische Tor trifft (gilt auch für den Torhüter)

Das Ifab begründete diese Passage kurz und bündig: Der Fußball akzeptiert keine Handtore mehr. Egal ob Absicht oder nicht. Egal ob als letzter Kontakt oder beim Assist: Niemand will ein Tor sehen, bei dem die Hand entscheidend mitgeholfen hat. Das erleichtere auch die Aufgabe für den Schiedsrichter, sagt Fellinger. "Der Schiri muss nur noch erkennen, dass der Angreifer den Ball mit der Hand berührt hat. Wenn ja, ist die Entscheidung einfach."

Christoph Kramers Ausgleich gegen Dortmund im Dezember 2018 dient als passendes Beispiel. Nach dem Spiel wurde nicht über den BVB-Sieg (2:1) gesprochen, sondern mehr darüber, dass sich Kramer den Ball bei der Annahme selbst an die Hand geköpfelt hat. Absicht war ihm dabei aber nach alter Regel nicht zu unterstellen, deshalb galt sein Tor auch zu Recht. Nach neuer Regel wäre es jedoch abzuerkennen gewesen.

VIDEO: Kramer-Tor gegen Dortmund

Dass sich diese neue Regel noch nicht überall herumgesprochen hat, bewies das Glasgower Derby zum Jahreswechsel. Celtic glich bei der 1:2-Niederlage zwischenzeitlich aus. Callum McGregor schoss aus 20 Metern Mitspieler Odsonne an der Strafraumgrenze an. Dieser fälschte den Ball mit der Hand ins Tor ab.

Nach alter Regel wäre einzig eine Frage relevant gewesen: Hat Odsonne den Ball mit Absicht mit der Hand berührt? Diese Frage wäre schwer zu bejahen. Seine angelegte Hand bewegt sich nicht zum Ball. Der Franzose rennt zudem in vollem Lauf in den Sechzehner, rechnet eher mit dem Pass als mit dem Schuss und wird dann aus vier Metern abgefetzt. Nach alter Regel wäre das Tor regulär gewesen, nach neuer hätte es aber aberkannt werden müssen.

Ein interessanter Aspekt dieser Regel: Offensive und Defensive werden damit unterschiedlich behandelt.

Dazu ein Gedankenspiel: Angenommen, McGregor hätte auf diese Weise nicht die Hand seines Mitspielers Odsonne, sondern die eines Gegenspielers im Strafraum getroffen, und der Ball wäre ins Toraus gegangen. Für dieses unabsichtliche Handspiel hätte es dann keinen Elfmeter gegeben. Odsonnes Tor hätte jedoch wegen des unabsichtlichen Handspiels aberkannt werden müssen.

Ein Vergehen liegt in der Regel vor, wenn ein Spieler:

• den Ball mit der Hand/dem Arm berührt und seinen Körper aufgrund der Hand-/Armhaltung unnatürlich vergrößert

Der wohl kniffligste Teil des neuen Regelwerks. "Die strittigen Situationen haben meist damit zu tun", sagt Fellinger. Aber warum wurde die "unnatürliche Verbreiterung des Körpers" dann überhaupt eingeführt? "Weil sie für einen Außenstehenden leichter zu erkennen ist als die Absicht", verweist der Schiedsrichtermanager auf die Tücken der alten Regel.

Das Ifab versuchte Richtkriterien für die Schiedsrichter zu erstellen. Ein Gerücht handelte von einem Uhrzeigermodell, berichtet Fellinger. "Wenn die Hand mehr Richtung fünf Uhr geht, hätte das Handspiel strafbar sein sollen. Mehr Richtung sechs Uhr nicht, also wenn der Hand senkrecht runterhängt."

Davon wurde letztlich abgesehen, das Ifab erklärte die unnatürliche Verbreiterung des Körpers auf einer Uefa-Instruktoren-Schiedsrichtertagung im Frühjahr 2019 anhand zweier Schlagworte: nah und sehr nah. "Wenn ein Spieler den Arm sehr nah am Körper hat, ist dies kein strafbares Handspiel. Wenn er ihn nah am Körper hat, schon", sagt Fellinger, dem damals zahlreiche Bild- und Videoausschnitte als Anschauungsmaterial vorgelegt wurden.

In der Praxis lieferte in der aktuellen Saison erneut de Ligt die passenden Beispiele dafür. Das Muster war an und für sich identisch: Der Gegner spielte den Ball in den Strafraum, dieser wurde abgelenkt und landete auf de Ligts Arm. Gegen Lecce (1:1) gab es daraufhin einen Elfmeter, gegen Torino (1:0) jedoch nicht.

VIDEO: De-Ligt-Handspiel gegen Lecce

VIDEO: De-Ligt-Handspiel gegen Torino

Hand aufs Herz (ist sicherer als auf den Ball): Wie hätten Sie in beiden Fällen entschieden, erkennen Sie einen Unterschied?

Nah vs. sehr nah

Fellinger schon. "Der maßgebliche Unterschied besteht darin, dass de Ligt gegen Lecce einen größeren Abstand zwischen Oberkörper und Arm hat als gegen Torino. Gegen Lecce hat de Ligt die Hand sicherlich 20 Zentimeter vom Oberkörper entfernt und den Ellbogen angewinkelt. Dies kann man als Indiz werten, dass der Arm rausgegangen ist. Dann spielt es auch keine Rolle mehr, dass der Ball kurz davor abgefälscht wurde. Wer seinen Körper derartig verbreitert, geht damit ein Risiko ein, dass er getroffen wird. In dieser Situation war es nicht notwendig, die Hand rauszugeben. Anders wäre es, wenn er sich gerade umdreht. Denn beim Umdrehen streckt man die Hand üblicherweise etwas aus, um das Gleichgewicht zu halten. De Ligt steht hier aber frontal."

Torino reklamierte vergeblich einen Elfmeter.
Foto: EPA/ALESSANDRO DI MARCO

Und Torino? "Man sieht im Standbild, dass de Ligts Arm sehr nah am Körper ist. Wenn er die Absicht hätte, den Ball mit der Hand aufzuhalten, müsste er die Muskulatur anspannen. Er hält sie aber locker und versucht sogar, den Arm nach hinten zu ziehen. Deshalb ist dies eine natürliche Handhaltung und nicht strafbar."

Der Interpretationsspielraum

Das klingt nicht nur theorieverliebt, sondern ist es auch. "Denn der Schiri hat ja kein Maßband mit", sagt Fellinger. Daher wäre es sinnlos, wenn das Ifab hier Zentimeterangaben zu nah und sehr nah machen würde, etwa dass ein Arm ab 30 Zentimetern seitlich nicht mehr nah zum Oberkörper wäre.

In der Praxis bleibt damit ein Interpretationsspielraum übrig. Das ist aber für Fellinger normal. Der Denkfehler vieler Fans sei, dass sie davon ausgehen, dass ein Handspiel von zehn Schiedsrichtern gleich bewertet werden müsse. Dem ist nicht so, das treffe ja auch auf Foulspiele zu. "Wenn jemand mit den Stollen voran das Schienbein trifft, wird das jeder als Foul bewerten. Bei einem leichten Schubser hingegen sagen die einen: 'Da würde mein fünfjähriger Sohn nicht umfallen', und die anderen: 'Klarer Stoß. Elfmeter.'" Auch hier wird in den Regeln nur der "Stoß" als Foul erwähnt, nicht aber nach Stoßstärke unterschieden. Zu entscheiden, welche Intensität zu ahnden ist, obliegt dem Schiedsrichter.

Was spricht für Schiri-Entscheidung und nicht dagegen?

An diesen Grundsätzen könne auch der Videobeweis (VAR) nichts ändern. Dieser darf ja erst bei offensichtlichen Fehlentscheidungen eingreifen. "Der VAR muss immer Argumente für die Entscheidung des Schiedsrichters finden. Wenn er diese findet, liegt keine offensichtliche Fehlentscheidung vor", erklärt Fellinger. "Bei de Ligts Handspiel gegen Lecce könnte ich diese Argumente finden. Wenn der Schiedsrichter weiterspielen lässt, könnte ein VAR auch dafür Argumente finden. Fehlentscheidungen wären beide Entscheidungen nicht gewesen", sagt der Schiedsrichtermanager. Fans der gegnerischen Seite würden jedoch naturgemäß nur Argumente gegen die Entscheidung suchen, bittet Fellinger die Anhänger, im Zweifelsfall auch die andere Perspektive einzunehmen.

Wie spitzfindig die Passage ist, zeigt sich auch daran, dass das Regelwerk das passende Gegenstück inkludiert:

Abgesehen von den genannten Vergehen liegt in folgenden Situationen, in denen der Ball an die Hand/den Arm eines Spielers springt, in der Regel kein Vergehen vor:

• Die Hand/der Arm ist nahe am Körper, und die Hand-/Armhaltung vergrößert den Körper nicht unnatürlich.

Weil niederländische Fußballer in dieser Saison bisher ein besonders gutes Händchen für Handspiele hatten, muss diesmal Joel Veltman als Beispiel herhalten. Der Ajax-Verteidiger verschuldete in der wohl verrücktesten Minute der diesjährigen Champions League einen Elfmeter, als er einen Chelsea-Schuss per Hand blockte. Zu Recht?

VIDEO: Veltman-Handspiel gegen Chelsea

Fellinger deutet an, dass dies die einzige Szene des Artikels ist, in der er anders entschieden hätte. "Wenn der Schiedsrichter pfeift, ist Gelb die logische Konsequenz, weil Veltman dann mit einem strafbaren Handspiel einen Torschuss geblockt hätte. Ob die strafbare Verbreiterung des Körpers wirklich stattgefunden hat, überlasse ich dem Betrachter ..."

Das neue Regelwerk normiert weitere Fälle, in denen auf kein Handspiel zu entscheiden ist.

Abgesehen von den genannten Vergehen liegt in folgenden Situationen, in denen der Ball an die Hand/den Arm eines Spielers springt, in der Regel kein Vergehen vor:

• Ein Spieler berührt den Ball im Fallen mit der Hand/dem Arm, wobei sich seine Hand/sein Arm dabei zum Abfangen des Sturzes zwischen Körper und Boden befindet und nicht seitlich oder senkrecht vom Körper weggestreckt wird.

Diese Passage könnte man auch Alaba-Paragraf nennen. Denn der Bayern-Spieler hätte sich gewünscht, dass diese Regel bereits 2012 in Kraft gewesen wäre. Damals rutschte der Verteidiger im Halbfinal-Rückspiel der Champions League gegen Real Madrid hinein, um den Schuss von Angel Di Maria zu blocken. Schiedsrichter Viktor Kassai entschied auf Elfmeter und Gelb für Alaba, der daraufhin im Finale gelbgesperrt fehlen sollte.

VIDEO: Alaba-Handspiel gegen Real

Für Fellinger damals regeltechnisch die richtige Entscheidung. "Sobald Alaba runtergeht, geht auch die Hand runter und damit die Hand zum Ball. Somit waren vor einigen Jahren die Kriterien für ein strafbares Handspiel erfüllt." Nach obiger Passage wäre die Szene anders zu bewerten gewesen. Das alleinige Aufstützen ist straffrei.

Aber auch hier gibt es eine Grauzone, wenn man die Rutschbewegung weiterdenkt. "Denn irgendwann muss der Spieler ja die Arme zur Seite bewegen, um das Gleichgewicht zu halten. Wird er dann mit ausgestrecktem Arm getroffen, kann es sich dabei wieder um eine strafbare Körperverbreiterung handeln. Die Frage ist hier: Wo ist der Übergang? Ab wann wird's unnatürlich?"

Für diese Frage hat das Ifab zumindest ein klares Beispiel aufgenommen:

Ein Vergehen liegt in der Regel vor, wenn ein Spieler

• den Ball mit der Hand/dem Arm berührt und
– sich seine Hand/sein Arm über Schulterhöhe befindet (außer der Spieler spielt den Ball vorher absichtlich mit dem Kopf oder Körper (einschließlich des Fußes), und der Ball springt ihm dabei an die Hand/den Arm)

Eine Hand über Schulterhöhe gilt im Normalfall als unnatürliche Handbewegung und ist daher strafbar. Zusehern kommt dies meist dann bekannt vor, wenn einem Spieler das berüchtigte Blackout passiert und er bei einer Flanke plötzlich die Arme hochreißt. Berühmtes Beispiel: Wiener Neustadts Edin Salkic, als er damit (seinem Leihverein) Sturm Graz 2011 den Weg zum Meistertitel ebnete.

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In dem Fall trifft neben obiger Regel freilich auch Absicht zu. Die Hand geht eindeutig zum Ball. Eine natürliche Handbewegung im Luftzweikampf sieht anders aus.

Wobei Fellinger bei einer Schulung eines Bundesliga-Vereins auch andere Erfahrungen machte. "Ein Trainer sagte zu mir, dass er ein, zwei Spieler habe, die bei einem Kopfballduell so weit ausholen, dass sie beim Springen die Hände über Schulterhöhe haben. Für die sei dies völlig normal."

Auch hier zeigt sich daher wieder die Schwierigkeit für die Regelhüter, die Handspielvorschriften generalisierend zu formulieren. Weiter geht's:

Abgesehen von den genannten Vergehen liegt in folgenden Situationen, in denen der Ball an die Hand/den Arm eines Spielers springt, in der Regel kein Vergehen vor:

• Der Ball springt direkt vom Kopf oder Körper (einschließlich des Fußes) des Spielers an dessen Hand/Arm.

• Der Ball springt direkt vom Kopf oder Körper (einschließlich des Fußes) eines Spielers an die Hand/den Arm eines anderen, nahe stehenden Spielers.

Wieder muss der arme de Ligt als Beispiel herhalten. Juventus führte am achten Spieltag mit 2:1 gegen Bologna, als der Niederländer in der Nachspielzeit eine Flanke ausputzen wollte. Dabei rutschte er rein, und der Ball traf seine Hand. Bologna reklamierte vergeblich Elfmeter.

VIDEO: De Ligt-Handspiel gegen Bologna

Für Fellinger die richtige Entscheidung. In der Aufnahme schwer zu erkennen, trifft der Ball nämlich zunächst de Ligts Ferse. Erst diese lenkt die Kugel an die Hand des Niederländers. Diese Situation ist aber nach obiger Regelpassage straflos.

Wenn de Ligt den Ball direkt an diesen ausgestreckten Arm bekommen hätte, wäre aufgrund der Körperverbreiterung ein Elfmeter zu geben gewesen. Wäre das Leder direkt an seinen anderen Arm geprallt, wäre wieder der Alaba-Fall eingetreten, also kein Strafstoß.

Fazit: Auch die alte Regel sorgte regelmäßig für Diskussionen, ob bestimmte Handspiele wirklich eine Absicht implizierten oder nicht. Die neue Regel hat dies versucht zu lösen, vor allem die Verbreiterung der Körperfläche bietet jedoch viele Graubereiche. Diese sorgen nicht nur für rege Diskussionen, sondern auch für wenig Konsistenz in Schiedsrichterentscheidungen.

Für Fellinger ist es jedoch unmöglich, die Regeln spezialisierend ohne Interpretationsspielraum zu formulieren. Das andere Extrem wäre, jedes Handspiel zu bestrafen. "Dann gibt's aber bald Spieler, die mit Absicht auf die Hand des Gegners zielen", sagt der Schiedsrichtermanager. Er sieht die neue Regel positiv, weil seine Schützlinge so nicht mehr zwangsläufig die Gedanken der Spieler lesen müssen. Die explizit eingeführten Beispiele (etwa dass Handtore in keinem Fall mehr zählen) vereinfachen zudem das Spiel für den Referee.

Verbesserungsbedarf sieht Fellinger in der Definition der "unnatürlichen Vergrößerung der Körperfläche". Ein, zwei Beispiele dafür im Regelwerk wären hilfreich. Aber es sei schwierig, diese schriftlich festzuhalten. "Das Ifab befasst sich seit 1882 mit Regelfragen. Gäbe es die eierlegende Wollmilchsau, hätte sie das Ifab bereits gefunden." (Andreas Gstaltmeyr, 17.1.2020)