Genf – Etwa 30 bis 80 Prozent der Bevölkerung sind laut Forschern der Universität Genf mit Toxoplasmose infiziert, einer vom einzelligen Parasiten Toxoplasma gondii ausgelösten Infektionskrankheit. In der Regel spiele das keine Rolle, da das menschliche Immunsystem die Infektion in Schach halte. Viele Menschen trügen seit Jahren sogenannte Oozysten des Erregers in sich, die meistens unbemerkt blieben.

Unter bestimmten Bedingungen kann Toxoplasmose allerdings gefährlich werden – vor allem für Personen mit verminderter Immunabwehr: HIV-Infizierten etwa oder Krebspatienten, welche Immunsuppressiva nehmen müssen. Auch Schwangere sind gefährdet, denn Toxoplasmose kann den Fötus so stark schädigen, dass es zur Fehlgeburt kommt. Ansteckungsherd ist beispielsweise schlecht durchgebratenes Fleisch, das Zysten enthält, aber auch Katzenkot – von der Säuberung des Katzenklos wird Schwangeren dringend abgeraten.

Katzen sind das Ziel

Katzen spielen eine zentrale Rolle im Leben des Parasiten. Sie sind sein Endwirt, den er entweder direkt über bereits infizierte Artgenossen oder indirekt über einen oder mehrere Zwischenwirte erreicht. Dazu zählen auch Mäuse – und sie werden von dem Einzeller in ihrem Verhalten so beeinflusst, dass sie leichter von Katzen erbeutet werden können. Sie werden furchtloser, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie gefressen werden, womit der Parasit in den Körper der Katze gelangt.

Allerdings dürfte es eher ein Mythos sein, dass sich infizierte Mäuse den Katzen geradezu zum Fraß vorwerfen. Laut Dominique Soldati-Favre von der Abteilung für Mikrobiologie und Ivan Rodriguez von der Abteilung für Genetik der Uni Genf ist die Auswirkung des Toxoplasmose-Befalls nicht so spezifisch wie angenommen. Die Zysten im Hirn, welche der Parasit bildet, machen die Mäuse nicht bloß zutraulich gegenüber ihrem größten Feind – sie führen zu einer allgemeinen Verhaltensänderung. (Was in geringerem Maß auch für an Toxoplasmose leidende Menschen gelten dürfte.)

Je mehr Zysten das Gehirn aufweist, desto hemmungsloser wird die Maus: Furcht und Stress nehmen ab, Neugier und Wagemut nehmen zu. Erste Effekte zeigen sich ab 200 Zysten, zwischen 500 und 1.000 Zysten gelangt der Leichtsinn laut den Forschern zu voller Blüte. Aber nicht nur Katzen gegenüber, wie ein Experiment zeigte: Die Forscher konfrontierten Mäuse nämlich auch mit Ratten. Während gesunde Mäuse ihre größeren Cousins normalerweise panisch meiden, spazierten die infizierten Mäuse den Ratten sogar auf dem Buckel herum. (red, APA, 15. 1. 2020)