Sprechcoachin und Politikprofilerin Tatjana Lackner.

Foto: Schule des Sprechens

Dass Politiker in Interviews gern konkreten Fragen ausweichen, in Floskeln sprechen oder eingelernte Kernbotschaften immer wiederholen, ist bekannt. Ein besonderes Beispiel dafür fand am Montagabend in der ZiB 2 statt, als Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) bei Anchorman Armin Wolf zu Gast war – und kaum auf Fragen einging.

Zu Beginn gefragt nach den Unterschieden zwischen der türkis-grünen und der türkis-blauen Europapolitik, führte Edtstadler aus, wieso sie für Europa brenne und wo sie ansetzen wolle. Auf die Unterschiede ging sie nicht ein. Auch nicht, als Wolf nachfragt und mit der Antwort wieder nichts anfangen kann: "Den Unterschied kenne ich immer noch nicht."

ORF

Das, was Edtstadler machte, wird Bridging, also Überbrücken, oder ABCD-Methode genannt: Ausweichen, um zu einem anderen Thema überzuleiten, auf das die Journalisten aufspringen sollen. Politiker lernen das im Medientraining.

Eine Frage fehlender Vorbereitung sei das nicht, sagt Tatjana Lackner. Sie ist Leiterin der Schule des Sprechens und arbeitet dort unter anderem als Politikprofilerin. Sondern eine Frage von Message-Control: "Da gibt es auch Maulkörbe von innen und von oben." Und inhaltlich gebe es noch nicht so viel zu sagen, da das Regierungsprogramm erst seit kurzem auf dem Tisch liege.

Trotzdem: Bei Edtstadler scheint es den Zusehern besonders aufgefallen zu sein, zeigt die Twitter-Diskussion. Wieso?

Lackner sieht dafür drei Gründe: "Sie ist eine Frau, Herumgerede regt Zuschauer prinzipiell mehr auf. Und sie tritt selbstüberzeugt auf. Doch die ersten zwei Antworten zur Europapolitik waren nicht besonders elegant." Denn die erste und letzte Antwort seien entscheidend, welche Meinung sich die Zuschauer über die Interviewten bilden.

"Unangenehmes Eigenlob"

Und hier liege Edtstadlers Fehler: Sie brachte "unangenehmes Eigenlob und Geschwurbel statt Inhalt, was aber auch Kalkül war, um auf eine unkonkrete Frage so zu antworten, wie sie will", sagt Lackner. Ebenfalls hätte sie mehr Bilder, Beispiele und Begründungen einfließen lassen sollen, das überzeuge das Publikum.

Positiv hervorheben möchte Kommunikationsexpertin Lackner, dass Edtstadler "in keine Falle getappt ist, als Wolf sie eingangs mit angriffigen Nachfragen provozierte oder Außenminister Alexander Schallenberg als geeigneter in der EU-Politik bezeichnet hat". (Selina Thaler, 14.1.2020)