Am Mittwoch ab 11 Uhr werden im Ministerrat die ersten Beschlüsse zu Pflege und Polizei gefällt.

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Wien – Beim zweiten Ministerrat am Mittwoch wurden erstmals Inhalte besprochen und Beschlüsse gefasst. Schwerpunkte der Regierungssitzung waren Maßnahmen zur Sicherung der Pflege sowie eine Sicherheitsinitiative. Bis Ende der Legislaturperiode sollen 4.300 zusätzliche Polizisten tätig sein, im Bereich Pflege startet die Ausschreibung für eine neue höhere Lehranstalt für Pflegekräfte an mehreren Standorten in Österreich. Die Reaktionen auf die Pflege-Schule reichten von deutlichem Beifall bis hin zur Forderung nach mehr Ambition.

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Begleitet von großem Medienandrang besuchten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sowie die jeweils zuständigen Minister Rudi Anschober (Grüne) und Karl Nehammer (ÖVP) am Montag und Dienstag schon das Pflegekrankenhaus der Barmherzigkeit beziehungsweise die Polizeiinspektion am Wiener Westbahnhof, um die ersten Regierungsanliegen zu thematisieren. Nach dem Ministerrat stellten die Fachminister Anschober und Nehammer Medienvertretern ihre Anliegen vor.

Mehr Polizisten

Innenminister Nehammer kündigte 2.300 zusätzliche Polizeiplanstellen und 2.000 zusätzliche Ausbildungsplätze für Polizeischüler an. Ab Juni soll die Aufstockung der Beamten bereits "intensiv spürbar sein", bis Ende der Legislaturperiode sollen alle 4.300 zusätzlichen Polizisten im Einsatz sein.

Innenminister Nehammer am Dienstag beim Besuch der Polizeidienststelle am Wiener Westbahnhof.
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Bessere Ausbildung für Pflegekräfte

Auch Anschober bekräftigte das gemeinsame Ziel, die Arbeitsbedingungen für die Polizei zu verbessern, die immerhin der Sicherung des Rechtsstaats diene. Für den zweiten Schwerpunkt der ersten Sitzung, die Pflege, sei ein neuer erweiterter Ausbildungsbereich beschlossen worden. Ab September werde ein Schulversuch für eine fünfjährige höhere Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege nach der Sekundärstufe durchgeführt. Bereits am Mittwoch sei die Ausschreibung für verschiedene Standorte in ganz Österreich gestartet. Nach einem Jahr wolle man den Versuch evaluieren – der sich, wie Anschober glaubt, bewähren werde – und dann in die Breite gehen, um eine flächendeckende Versorgung von Pflegekräften sicherzustellen. Zunächst sollen 120 bis 150 Schüler die neue Ausbildung beginnen.

Weiters sei eine Pflegereform für eine "echte" Pflegesicherung geplant, sagte Anschober. Ziel sei ein Paket für die Unterstützung pflegender Angehöriger und eine Qualitätssicherung der 24-Stunden-Betreuung. Insgesamt soll sich die Zahl der Pflegekräfte deutlich erhöhen. Demnächst werde eine Taskforce mit einer Zielsteuerungsgruppe eingesetzt, um gemeinsam mit den Bundesländern, Gemeinden, Pflegeinstitutionen und NGOs Maßnahmen zu erarbeiten. Genauer will sich Anschober auch die Arbeitssituation der Pflegekräfte ansehen, um den immer stärker werdenden Druck dieser Berufsgruppe sinnvoll zu reduzieren. "Das ist ein Beruf, der eine enorme Wertschätzung verdient."

Lob von ÖGKV, AK und Caritas

Die Maßnahmen im Pflege-Bereich zogen teils Applaus, teils auch Rufe nach weiteren Maßnahmen nach sich. Der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) sah eine langjährige Forderung erfüllt. Vorsichtig positiv äußerte sich Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl: Der geplante Schulversuch sei ein richtiger erster Schritt.

Bei der Caritas jubelte man, dass der Weg für den Start der ersten Höheren Lehranstalt für Sozialbetreuung und Pflege in Gaming frei sei. Die GÖD-Gesundheitsgewerkschaft sah den Vorteil des aktuellen Konzepts darin, dass beim Ausbildungsbeginn die Alterslücke für 15 bis 17-Jährige geschlossen werde. Lob kam auch vom Hilfswerk, die Politik und "mutige Träger" müssten jetzt dranbleiben, den Schulversuch gut nutzen und als Regelmodell ausrollen.

Kritik aus der Opposition

Kritischer fiel das Urteil der Opposition aus: SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch begrüßte zwar, "dass die Regierung im Ministerrat die SPÖ-Forderung für eine BHS Pflege beschlossen hat". 150 Plätze seien aber "zu wenig". Hier sei "mehr Ambition nötig". Und NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker verwies darauf, dass die Pflege-Ausbildung erst 2016 reformiert worden sei: "Daran braucht man jetzt nicht schon wieder herumdoktern." Viel wichtiger und dringender wäre, die Pflegekräfte "endlich aufzuwerten": Mit mehr Rechten, mehr Handlungsspielraum und einer besseren Vergütung von pflegerischen Leistungen durch die Kasse.

Die FPÖ kritisierte hingegen die "Akademisierung" der Ausbildung im Pflegebereich. Klubobmann Herbert Kickl und Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch sprachen sich in einer Pressekonferenz gegen die vorgesehene Matura aus.

Sozialminister Anschober besuchte gemeinsam mit Kurz und Kogler das Haus der Barmherzigkeit.
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Pensionssplitting neu

Auch zum Pensionssplitting äußerte sich der Sozialminister. Dies sei eine der geplanten Maßnahmen, um die Altersarmut von Frauen zu verhindern. Eine Regelung gebe es derzeit zwar schon, sie wurde aber bisher nur in 1.000 Fällen angenommen, gehe also am Bedarf vorbei. Anschober sagte, er möchte die Beteiligung erhöhen und wolle sich deshalb internationale Modelle ansehen.

Noch vor der Sitzung beantwortete Bildungsminister Heinz Faßmann beim "Doorstep" im Kanzleramt Fragen von Journalisten. Beim Thema der Ausweitung des Kopftuchverbots auf Lehrerinnen, wie es Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) als "möglichen nächsten Schritt" in den Raum gestellt hatte, gab er sich abwartend. Er verwies lediglich auf die nun geplante und in Umsetzung befindliche Ausweitung des Kopftuchverbotes für Schülerinnen bis 14 Jahre. Gefragt zur "persönlichen Meinung" von Justizministerin Alma Zadić, die sich im ORF-"Report" am Dienstag grundsätzlich für öffentliche Räume ohne religiöse Symbole ausgesprochen hatte, gleichzeitig aber angemerkt hatte, dass dies nicht mehrheitsfähig sei, sagte Faßmann, die Kreuze in den Klassen "werden dort bleiben", auch gebe es ja ein entsprechendes Urteil des Verfassungsgerichtshof, so der Minister. (red, 15.1.2020)