Leere Bänke: Wieder sind zigtausende Menschen aus der Kirche ausgetreten.

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Wien/Klagenfurt – In Kärnten wurden die Kirchenaustritte durch die Causa rund um den früheren Diözesanbischof Alois Schwarz geradezu befeuert, ihm wird Untreue vorgeworfen. Übers Jahr sind laut Diözese 5.815 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten, das sind 1,6 Prozent. Auffällig waren Spitzen in den ersten drei Monaten des Jahres sowie im Juli. Erst im Dezember, als mit Josef Marketz ein neuer Bischof für die Diözese Gurk-Klagenfurt ernannt wurde, gab es deutliche Zeichen der Entspannung bei den Austritten.

"Eine Analyse der Zahlen hat ergeben, dass es drei markante Ereignisse gegeben hat, die sich auf den Verlauf ausgewirkt haben", sagte Diözesanökonom Burkhard Kronawetter. Im ersten Quartal führte die päpstliche Visitation durch den Salzburger Erzbischof Franz Lackner zu einem sprunghaften Anstieg der Austritte. Im Juli habe die Absetzung von Engelbert Guggenberger als Diözesanadministrator erneut zu einem markanten Anstieg geführt. Kronawetter: "Es sind also Ereignisse von außen, die von uns nicht beeinflussbar waren, die zu den Austritten geführt haben."

15 Prozent pfeifen drauf

Österreichweit stieg die Zahl der Kirchenaustritte im vergangenen Jahr um 14,9 Prozent. Gab es Ende 2018 in Österreich noch 5,05 Millionen Katholiken, waren es 2019 nur mehr 4,98 Millionen, teilte Kathpress am Mittwoch mit. Das entspricht einem Rückgang von 1,35 Prozent. Als Gründe werden Missbrauchsfälle und die Vorwürfe gegen den einstigen Klagenfurter Bischof Alois Schwarz vermutet.

In absoluten Zahlen traten laut vorläufigen Daten der Bischofskonferenz 67.583 Personen im vergangenen Jahr aus der römisch-katholischen Kirche aus. 2018 waren es laut amtlicher Statistik 58.807. Die Diözesen meldeten dabei unterschiedlich stark akzentuierte Entwicklungen. In einigen gab es moderate Anstiege bei den Kirchenaustrittszahlen, bei anderen waren die Anstiege deutlicher ausgeprägt, wie etwa in Kärnten.

605 Personen machten 2019 von ihrem Recht auf Widerruf Gebrauch. Sie hatten also zunächst ihren Austritt erklärt, dann aber nach einem Kontakt mit kirchlichen Verantwortlichen und innerhalb einer Dreimonatsfrist wieder Abstand von diesem Schritt genommen.

Mehr Ausstiege als in den Vorjahren

Vergleicht man die Austritte mit jenen der Jahre zuvor, ist diesmal ein überdurchschnittlich starker Anstieg zu verzeichnen. 2018 betrug dieser 8,7 Prozent, 53.698 Menschen verließen damals die Kirche. Einen historischen Höchststand gab es 2010 mit 85.960 Austritten. Dies war zu einem Gutteil auf das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen im kirchlichen Bereich zurückzuführen.

Das starke Plus bei den Kirchenaustritten ist vor allem auf eine Diözese zurückzuführen: Gurk-Klagenfurt. Dass gegen ihren ehemaligen Bischof Alois Schwarz wegen Untreueverdachts ermittelt wird – es gilt die Unschuldsvermutung –, hat der Diözese offensichtlich einen Anstieg von rund 63,9 Prozent beschert. 5.815 Personen sind dort aus der Kirche ausgetreten. Den geringsten Anstieg bei den Austritten verzeichnet hingegen die Diözese Feldkirch mit 4,5 Prozent.

Auch in Wien viele weg

Abgesehen von den negativen und positiven Ausreißern bewegt sich das Plus bei den Kirchenaustritten in den Diözesen zwischen zehn und 15 Prozent. So meldete die Erzdiözese Wien, in der es aktuell rund 1,16 Millionen Katholiken gibt, 19.198 Austritte, im Jahr davor waren es 17.367. Das entspricht einem Anstieg von 10,5 Prozent. Zugleich gab es 921 Neu- und Wiedereintritte, 130 Personen widerriefen ihren Austritt.

Die Diözese Linz zählte mit Stichtag 31. Dezember 2019 insgesamt 939.667 Katholiken. 11.097 Personen traten aus der Kirche aus, das ist ein Plus von 14,2 Prozent. 484.107 Katholiken hatten mit Jahresende 2019 ihren Hauptwohnsitz in der Diözese St. Pölten, wo der ehemalige Kärntner Bischof Schwarz derzeit im Amt ist. 5.430 Katholiken traten dort aus der Kirche aus, was einem Anstieg von 12,4 Prozent entspricht.

Auch Salzburg über 5.000

In der Erzdiözese Salzburg wird die Gesamtzahl der Katholiken mit 460.106 angegeben. 5.405 Personen verließen 2019 die katholische Kirche, das sind 11,1 Prozent mehr als im Vorjahr. In der Diözese Graz-Seckau gehörten 794.169 Personen im Jahr 2019 der katholischen Kirche an. 11.617 Personen traten aus, was einem Plus von 10,8 Prozent entspricht. Der Diözese Eisenstadt sind 189.160 Katholiken zugeordnet. 1.490 Menschen traten aus der Kirche aus, das entspricht einem Plus von 14,7 Prozent.

Relativ hoch sind die Austritte noch in der Diözese Innsbruck, wo mit aktuellem Stand 374.034 Katholiken gemeldet sind. 4.313 Personen verließen die römisch-katholische Kirche, was einem Plus von 19,3 Prozent entspricht. Am geringsten ist der Anstieg in Feldkirch mit 4,5 Prozent. 229.547 Personen gehören dort aktuell der römisch-katholischen Kirche an. (APA, red, 15.1.2020)