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Foto: REUTERS

Ankara – Nach mehr als zweieinhalb Jahren Sperre könnte die Online-Enzyklopädie Wikipedia in der Türkei bald wieder abrufbar sein. Das türkische Verfassungsgericht hat die Rechtswidrigkeit der Sperre festgestellt und ihre Aufhebung gefordert. Am Mittwoch veröffentlichte es eine detaillierte Ausführung zu seinem Urteil vom Dezember. Die Blockade des Online-Lexikons verstoße nach Ansicht des Gerichts gegen die Meinungsfreiheit.

Rechtsaktivisten zufolge müsste die am Mittwoch im Amtsblatt veröffentlichte Gerichtserklärung umgehend zu einer Aufhebung der Blockade führen. Das muss aber ein Gericht in Ankara verfügen. Am Mittwochmorgen war auf Wikipedia in der Türkei weiterhin nicht zugreifbar.

Fast drei Jahre ohne Wikipedia

Das in vielen Sprachen verfügbare und editierbare Online-Lexikon ist seit April 2017 in der Türkei nicht mehr aufrufbar. Als Grund für die Sperrung hatte die türkische Telekommunikationsbehörde damals angegeben, auf der Webseite würde fälschlicherweise behauptet, die Türkei unterstütze Terrororganisationen. Laut Angaben des Verfassungsgerichts habe Wikipedia den fraglichen Inhalt korrigiert oder entfernt.

Die hinter der Plattform stehende US-Organisation Wikimedia Foundation hatte sowohl beim Verfassungsgericht als auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Beschwerde gegen die Sperrung eingereicht.

Das Gericht in Ankara, das die Sperre verhängt habe, müsse nun unverzüglich der Rechtsprechung folgen und den Zugriff "noch heute" wiederherstellen, sagte der Jus-Professor und Netz-Aktivist Yaman Akdeniz. "Es ist schon problematisch genug, dass das Verfassungsgericht zweieinhalb Jahre brauchte, um zu diesem Urteil zu kommen", ergänzte Akdeniz, der ebenfalls gegen die Sperre vorgegangen war. Ihm zufolge sind in der Türkei weiter hunderttausende Webseiten blockiert. Auch Plattformen wie Youtube und Twitter würden Beschränkungen unterliegen. (APA, dpa, red, 15.1.2020)