Die Liste an Orten, die unter Overtourism stöhnen, wird immer länger. Zu den Dauerbrennern wie Amsterdam, Venedig oder Machu Picchu gesellen sich immer neue Reiseziele, die den Touristenmassen Einhalt gebieten wollen. Denn Touristen lassen nicht nur die Kassen klingeln, sondern verursachen auch jede Menge Probleme: Müll, Wasserknappheit, Umweltschäden und den Verlust der Lebensqualität für die Einwohner.

Barcelona

Die Stadt kann, so analysiert man nicht nur bei Fodors, einfach keine Besucher mehr aufnehmen. Es fehlt schlicht der Platz für die 32 Millionen Touristen, die jährlich die Stadt besuchen. Die Leidtragenden sind die Einwohner: Die Mieten steigen rasant, ganze Stadtviertel verändern sich zu ihren Ungunsten, und viele Barceloner müssen im Alltag mit Menschenmassen und Verkehrschaos zurechtkommen. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt Airbnb.

Allerdings bleibt die Hälfte aller Barcelona-Gäste nur wenige Stunden und steuert nur die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an. Das führt zu Staus und Gedränge auf der Flaniermeile La Rambla und in Antoni Gaudís nicht vollendeter Sagrada Família.

Unmut in Barcelona.
Foto: APA/AFP/PAU BARRENA

Die Einwohner reagieren zunehmend genervt. Die Stadt versucht derweil illegalen Ferienwohnungen beizukommen und die Massen zu steuern. Wer Gaudís Werk im Park Güell sehen will, muss nun Eintritt bezahlen. Maximal 400 Besucher werden je halbe Stunde zugelassen. An vielen Sehenswürdigkeiten sind außerdem nur noch Gruppen von maximal 15 Personen erlaubt.

Amsterdam

Amsterdam begann bereits 2015 neue Hotelprojekte – zunächst nur in der Innenstadt – zu unterbinden. Weiters hat die Stadt mittlerweile die Kapazitäten am Flughafen Schipol begrenzt und die Anlegestellen für Passagierschiffe aus den Stadtzentren wegverlegt. Zudem wird versucht, die Touristenströme (rund 20 Millionen Besucher sind es jährlich) auch in Amsterdams unbekanntere Ecken zu lenken.

Angkor Wat, Kambodscha

Die 900 Jahre alten Tempelanlagen zählen zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Welt. Aber angesichts von 2,5 Millionen Besuchern pro Jahr ist von ihrem verwunschenen Zauber nur noch wenig zu spüren. Am Haupttempel und dem von riesigen Feigenbäumen überwachsenen Gebäudekomplex Ta Prohm stehen Menschenschlangen.

Touristen in Angkor Wat.
Foto: EPA/KITH SEREY

Aufgrund der Urbanisierung der Gegend sinkt der Grundwasserspiegel. Das könnte neben Wassermangel zu einem Absinken der Tempel führen. Um die Massen etwas zu zügeln, wurden die Eintrittspreise erhöht: Besucher müssen rund 37 US-Dollar für einen Tag bezahlen. Außerdem wurden die Kassen dezentralisiert und die Zahl der Besucher des zentralen Turms am Haupttempel auf 100 Personen gleichzeitig beschränkt.

Dubrovnik, Kroatien

Ähnlich wie für Venedig stellt sich der Kreuzfahrttourismus auch für Dubrovnik mittlerweile negativ dar. Bekannt geworden auch dank "Games of Thrones", wird die Altstadt, Unesco-Welterbe, mit ihrer Stadtmauer von über 1,5 Millionen Reisenden pro Jahr angesteuert. In der Hochsaison wälzen sich dann bis zu 8.000 Menschen gleichzeitig durch die engen Gassen. Deswegen hat man 2018 bereits mit den Reedereien vereinbart, die Ankunft der Schiffe zu reglementieren: 2019 wurde die Zahl der Kreuzfahrtschiffe mit maximal je 5.000 Passagieren auf zwei pro Tag beschränkt.

Hanoi Train Street, Vietnam

Angezogen von spektakulären Fotos im Internet, kamen gerade in den vergangenen zwei Jahren immer mehr Besucher, um eine Besonderheit in Hanoi zu besichtigen: die Train Street, eine enge Zugtrasse zwischen Häuserblocks. Sie stammt aus der französischen Kolonialzeit, wurde 1902 gebaut, spielt aber auch heute noch eine wichtige Rolle für heimische und ausländische Reisende. Wer etwa den Nachtzug von Hanoi in den Bergort Sapa nimmt, reist durch diese enge Häuserschlucht.

Die Zugtrasse wurde abgeriegelt.
Foto: APA/AFP/NHAC NGUYEN

Ihre Popularität führte dazu, dass Lokale eröffneten, Anrainer stellten Essensstände auf oder arrangierten besonders gute Plätze zum Fotografieren. Manche Restaurants stellten in der "zugfreien" Zeit sogar Tische und Stühle direkt auf die Schienen – um sie dann bei herannahendem Zug schnell wegzuräumen. Doch die Behörden sahen ein großes Sicherheitsrisiko für Anrainer und Touristen. Am 6. Oktober 2019, so berichtete die Zeitung "Dan Tri", habe ein Zug eine Notbremsung hinlegen müssen, um nicht mit Urlauberscharen an und auf den Gleisen zusammenzustoßen. Konsequenz: Die Train Street ist für Touristen nicht mehr zugänglich.

Machu Picchu, Peru

Weit mehr als 1,4 Millionen Besucher wollen heute die Ruinen der sagenhaften Inkastadt jedes Jahr besichtigen. Erst als die Unesco damit drohte, Perus berühmteste Attraktion von der Welterbeliste zu streichen, setzte die Regierung 2017 strengere Maßnahmen zur Besucherkontrolle um. So werden nur noch 5.000 Gäste pro Tag zugelassen. Sie haben die Wahl zwischen zwei Besuchszeiten und müssen von einem Guide begleitet werden. Außerdem dürfen sie sich nur auf vorgeschriebenen Pfaden bewegen.

Santorin, Griechenland

Die weißen Häuser der Insel Santorin wirken auf Fotos wie aus dem Bilderbuch. Die Realität auf der griechischen Insel sieht aber anders aus, denn sie wird Jahr für Jahr von Touristen der Kreuzfahrtschiffe überrannt. Der griechische Hafenverband begrenzte die Zahl der Schiffstouristen pro Tag auf 8.000.

Santorin: Postkarten-Idylle mit Kreuzfahrtschiff.
Foto: imago/CHROMORANGE

Die Häfen der Insel waren im letzten Jahr diejenigen in Griechenland, die am häufigsten von Kreuzfahrtschiffen angelaufen wurden. Laut Hafenverband soll das neue Limit "die beste Dienstleistunsqualität gewährleisten" und die Umwelt schützen.

Venedig, Italien

Der Dauerbrenner, wenn es um Overtourism geht: Der Massenansturm von rund 30 Millionen Touristen pro Jahr hat bereits viele Bewohner in die Flucht geschlagen. Die verbleibenden 55.000 Einheimischen leiden unter hohen Mieten und Preisen. Daran werden auch die Eintrittsgelder für Tages- und vor allem Kreuzfahrttouristen nicht viel ändern.

Big Sur, Kalifornien, USA

Neu auf der "No List" ist Big Sur in Kalifornien. Denn der Küstenstreifen im US-Bundesstaat Kalifornien zwischen San Simeon im Süden und Carmel im Norden, der an der legendären California State Route 1, auch Highway 1 genannt, liegt, hat seinen Ruf als idyllische Gegend eingebüßt und ist zu einer überfüllten Touristenattraktion geworden.

Selfie-Spot: Die Bixby Creek Bridge an der Big Sur-Küste.
Foto: EPA/TATYANA ZENKOVICH

Mit unschönen Begleiterscheinungen. Denn es mangelt zum Beispiel an öffentlichen Toiletten – das Ergebnis stinkt zum Himmel. Zudem gibt es eine Zunahme von illegalem Camping, und das in einer Region, die immer wieder mit Waldbränden zu kämpfen hat.

Bali, Indonesien

Massentourismus bringt Massen an Müll mit sich. Darunter leidet auch Indonesiens meistbesuchte Insel. Bereits 2017 wurde der "Müll-Notstand" ausgerufen. Der erhöhte Wasserverbrauch von Luxusressorts und Golfplätzen führt außerdem dazu, dass Bauern nicht mehr genug Wasser für die Bewirtschaftung ihrer Felder haben.

Ko Tachai, Thailand

Die Insel Ko Tachai kann als Beispiel für die vielen überlaufenen Inseln in Thailand gelten. Sie alle haben mit denselben Problemen zu kämpfen, allen voran Umweltschäden, die der Massentourismus mit sich bringt. Traurige Berühmtheit erlangte der Traumstrand Maya Beach auf der Insel Ko Phi Phi, der durch den Film "The Beach" weltberühmt wurde. 2008 wurde er von den Behörden auf unabsehbare Zeit geschlossen, damit sich die Natur – insbesondere die Korallen – erholen kann. (red, 3.2.2020)