Künstlerische Darstellung des Planetensystems Proxima Centauri. In der habitablen Zone des Sterns kreist der Erdzwilling Proxima b, weit außerhalb womöglich die eisige Welt Proxima c.

Illustration: Lorenzo Santinelli

Es war eine veritable Sensation, die Astronomen im August 2016 verkündeten: Der unserer Sonne nächstgelegene Stern Proxima Centauri wird von einem Planeten umkreist. Und dieser Exoplanet ist nicht nur erdähnlich und liegt in der habitablen Zone seines Sterns, in der flüssiges Wasser theoretisch möglich ist. Mit "nur" 4,25 Lichtjahren Entfernung ist die Proxima Centauri b genannte Welt auch der erdnächste erwiesene Planet außerhalb des Sonnensystems.

Bald berichteten Forscher auch von Hinweisen darauf, dass Proxima Centauri b womöglich nicht allein ist: Mithilfe des Alma-Observatoriums der Europäischen Südsternwarte in Chile konnten mehrere Staubgürtel um den Stern aufgespürt werden, die Überreste aus der Entstehung von Planeten sein könnten. Jetzt konnten Mario Damasso vom astrophysikalischen Observatorium Turin und Kollegen den Verdacht auf die Existenz zumindest einer weiteren Welt erhärten: Die Forscher beobachteten winzige Verschiebungen im Lichtspektrum des Sterns, die offenbar von einem bisher unbekannten Planeten verursacht werden.

Wackelnder Stern

Die Forscher wendeten für ihre Suche die sogenannte Radialgeschwindigkeitsmethode an, die sich den Dopplereffekt zunutze macht: Während ein Planet sein Gestirn umkreist, lässt seine Anziehungskraft den Stern minimal "wackeln". Die Wellenlängen des Sternenlichts werden dadurch periodisch verschoben – und das kann mit empfindlichen Instrumenten registriert werden. Die Methode ist vor allem für die Suche nach Exoplaneten geeignet, die aus unserer Perspektive nicht vor ihrem Stern vorbeiziehen und mittels Transitmethode beobachtet werden können.

Für Proxima Centauri werteten die Astronomen Beobachtungsdaten des Harps-Spektrometers am Very Large Telescope in Chile aus und suchten gezielt nach Hinweisen auf den Schwerkrafteinfluss bisher unbekannter Objekte. Und sie wurden fündig: Es stellte sich heraus, dass der Stern alle 1.900 Tage minimal "wackelt" – und zwar mit einer Regelmäßigkeit, die gegen andere Ursachen wie Strahlen- oder Plasmaausbrüche spricht. Die Forscher sind der Ansicht, dass es sich um das Signal eines zweiten Planeten handeln muss – Proxima Centauri c.

Ungewöhnlicher Orbit

Es gibt auch schon einige Vermutungen zur Beschaffenheit dieser Welt. Denn Proxima c dreht seine Runden offenbar viel weiter draußen als Proxima b, er liegt weit außerhalb der habitablen Zone und umkreist seinen Stern nur alle 5,2 Jahre. Der Planet dürfte den Forschern zufolge rund 5,8 Erdmassen haben – also eine eisige Supererde sein.

Das wäre allerdings äußerst ungewöhlich: Denn wenn sich diese Annahmen bestätigen, würde Proxima c auch deutlich außerhalb der sogenannten Schneelinie seines Sterns liegen. Diese entscheidende Grenze trennt während der Planetenentstehung die innere Region, in der Gesteinsplaneten entstehen, vom äußeren Bereich, in dem sich Gasplaneten bilden. "Das könnte bisherige Modelle zur Entstehung von Supererden in Zweifel ziehen", schreiben Damasso und Kollegen im Fachblatt "Science Advances". Sie wollen ihren Fund nun mithilfe von Daten weiterer Teleskope bestätigen und mehr über die Beschaffenheit von Proxima c herausfinden. (dare, 16.1.2020)