Die ÖVP ließ sich den Wahlkampf von Sebastian Kurz – hier wird er in der Stadthalle zelebriert – einiges kosten – mehr als das Gesetz erlaubt.

Foto: APA/Pfarrhofer

Die ÖVP hat gelogen und betrogen, sie hat das Gesetz gebrochen. Dafür wird sie jetzt zur Verantwortung gezogen. Für die massive Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze im Jahr 2017 muss sie eine Geldbuße von 800.000 Euro zahlen. Abgesehen vom finanziellen Schaden ist diese Angelegenheit für die ÖVP höchst peinlich und unangenehm.

Auch wenn Gernot Blümel behauptet, er habe sein Konto noch nie überzogen, womit er offenbar seine Kompetenz als Finanzminister unterstreichen will, kann man seiner Partei das Gespür für finanzielle Angelegenheiten durchaus absprechen. Was früher gegen die SPÖ ins Treffen geführt wurde – dass diese nicht wirtschaften könne –, könnte man auch der ÖVP unterstellen. Den Grundsatz, den Blümel und Sebastian Kurz als wichtigste Anleitung des Finanzlebens so hartnäckig hochhalten – dass man nicht mehr Geld ausgeben darf, als man hat –, den lassen die türkisen Spitzenfunktionäre bei ihren Parteifinanzen gänzlich außer Acht. Daraus ergibt sich auch ein Glaubwürdigkeitsproblem für Kurz und Co, weil es sich um die Regierungspartei handelt, die Kanzler und Finanzminister stellt – und anderen das Nulldefizit predigt.

Als wahlwerbende Partei hat die ÖVP Geld ausgegeben, das sie überhaupt nicht hatte. Um diesen Sieg bei der Nationalratswahl 2017, der ersten, in der Kurz als Parteichef antrat, einzufahren, wurde ein fetter Kredit aufgenommen, obwohl die Partei schon ordentlich im Minus war. Da wurde das Geld mit beiden Händen ausgegeben. Plakate, Events, Werbung, ein pompöser Auftritt in der Stadthalle, nichts war zu teuer, um Kurz ins Licht des Sieges zu rücken.

Sieben Millionen sind im Wahlkampf erlaubt, 13 Millionen hat die ÖVP ausgegeben. Es ist fast ehrenrühriger, der ÖVP finanzielle Inkompetenz zu unterstellen, als sie des bösen Vorsatzes zu bezichtigen. Niemand wird glauben, dass eine Überschreitung um sechs Millionen einfach so passiert ist. Da steckte volle Absicht dahinter, der Vorsatz, das Gesetz zu ignorieren, die Strafzahlung einzukalkulieren und sich so gegenüber den anderen Parteien einen Vorteil im Wahlkampf zu verschaffen. Und in dem Moment bewusst zu lügen, als man noch ankündigte, das vorgesehene Limit einhalten zu wollen.

Der ÖVP schlechtes Wirtschaften zu unterstellen ist auch insofern falsch gegriffen, als es ja – wirtschaftlich, nicht moralisch – Sinn machen kann, Schulden und Überziehung zu planen und die Strafzahlung in Kauf zu nehmen, weil sich das auszahlen kann – mit einem entsprechenden Wahlsieg und der damit verbundenen höheren Förderung aus der großzügigen Parteienfinanzierung durch den Steuerzahler.

So gesehen ist die Strafe von 800.000 Euro – mit diversen Verstößen wegen zu Unrecht angenommener Spenden sind es fast 900.000 Euro – für die ÖVP recht glimpflich – und noch zu gering. Um einen Betrug bei Wahlen in dieser Form künftig auszuschließen, muss die Strafe richtig wehtun – und das ist im Regierungsprogramm überraschenderweise vorgesehen. Die ÖVP hat aus ihren Fehlern offenbar gelernt und ist bekehrt. Wenn das so beschlossen wird, wie es im Koalitionspakt angekündigt ist, würde eine ähnliche Gesetzesübertretung wie 2017 in Zukunft acht Millionen statt 800.000 Euro kosten.

Das sollte auch einem Politiker und Parteichef, der so zielstrebig und machtbewusst ist wie Sebastian Kurz, durchaus noch Skrupel beibringen. (Michael Völker, 16.1.2020)