Im Gastkommentar warnt Tobias Thomas, Direktor des Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria, davor zu versuchen, die Klimaziele mit kostenintensiven Instrumenten zu erreichen. Stephan Schulmeister sagt im Gastkommentar, dass diese ohne Schulden unerreichbar sind.

Das Programm der ersten österreichischen Bundesregierung mit grüner Beteiligung betont zu Recht die Notwendigkeit umfänglicher Maßnahmen zum Klimaschutz, denn der Klimawandel lässt sich nicht wegdiskutieren. Allerdings gibt es hier große Herausforderungen bei der Wahl der geeigneten klimapolitischen Instrumente, denn zwischen den drei Zielen – ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit – bestehen erhebliche Wechselwirkungen.

Umweltschützer warnen vor schädlichen CO2-Emissionen – und die Wirtschaft davor, Geld zu verbrennen. Für die Grünen ist die Bepreisung von CO2 jedenfalls ein Leuchtturm im Regierungsprogramm.
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Das Pariser Abkommen ist der maßgebliche Rahmen für ökologische Nachhaltigkeit. Wer es schafft, die Klimaziele am kostengünstigsten zu erreichen, kann damit wiederum einen Vorteil bei der Wettbewerbsfähigkeit erlangen. Werden die Klimaziele jedoch mit sehr kostenintensiven Instrumenten verfolgt, kann das nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts, sondern auch das Ziel der ökonomischen Nachhaltigkeit gefährden.

So können Auflagen und Verbote zwar dazu führen, dass die Ziele erreicht werden. Auflagen berücksichtigen in der Regel jedoch nicht, wo die Emissionen am kostengünstigsten vermieden werden können. Damit verbunden wären unnötig hohe Einbußen bei Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Wohlstand. Bei der Auswahl der geeigneten klimapolitischen Instrumente kann die Wissenschaft einen wichtigen Beitrag leisten, denn diese stehen seit Jahrzehnten im Fokus umweltökonomischer Forschung.

Treffsichere CO2-Steuer?

Mit einer CO2-Steuer würden die Klimaziele nur dann treffsicher erreicht, wenn der Staat richtig "errät", mit welcher Steuerhöhe die angestrebte Emissionsreduktion realisiert wird. Allerdings fehlt es dem Staat an den notwendigen Informationen hierfür. Ein Verfehlen der Klimaziele wäre somit wahrscheinlich.

Der europäische Emissionszertifikatehandel hat in den Bereichen Industrie und Energie bereits zu deutlich geringeren CO2-Emissionen beigetragen. Ist die Ausdehnung des Zertifikatehandels auf die Bereiche Verkehr und Gebäude auf europäischer Ebene kurzfristig nicht möglich, kann ein solches System für diese Bereiche auch auf nationaler Ebene eingeführt werden. Würde die Menge der ausgegebenen Zertifikate entsprechend der Emissionsziele gewählt, so würden die Klimaziele sicher und kostengünstig erreicht. Mit den Einnahmen könnte zudem der Faktor Arbeit von den derzeit hohen Abgaben entlastet werden. Dies würde der Beschäftigung und damit auch der ökonomischen Nachhaltigkeit zu Gute kommen.

Doppelte Dividende

Bei der Abgabenbelastung belegt Österreich im internationalen Vergleich mit rund 43 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einen wenig ruhmreichen europäischen Spitzenplatz. Die hohe Abgabenbelastung führt dazu, dass bei den Arbeitnehmern zu wenig von den Früchten ihrer Arbeit ankommt und den Unternehmen viel Luft für Investitionen genommen wird.

Dass im Regierungsprogramm an die Pläne der großen Steuerreform vom Mai 2019 angeknüpft wird, ist ein richtiges Signal, denn damit würde die Beschäftigung mittel- bis langfristig um 50.000 Jobs höher ausfallen, wie Berechnungen von Eco Austria zeigen. Im Zusammenhang mit Maßnahmen zum Klimaschutz bedeutet das aber auch, dass die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung zurückerstattet und zum Beispiel für eine weitere Entlastung des Faktors Arbeit genutzt werden sollten. Mit der positiven Wirkung auf die Beschäftigung könnte so eine "doppelte Dividende" der Klimapolitik erreicht werden.

Soziale Nebenwirkungen

Zudem können Klimaziele und Wettbewerbsfähigkeit nur nachhaltig gesichert werden, wenn nichtintendierte soziale Nebenwirkungen möglichst vermieden werden. Das zeigen nicht zuletzt die Gelbwestenproteste in Frankreich. In der öffentlichen Debatte stehen derzeit die direkten Effekte einer CO2-Bepreisung im Fokus, zum Beispiel wer an der Tanksäule wie viel mehr zahlen wird.

Auch wenn diese Frage wichtig ist, sind die indirekten Effekte mindestens ebenso wichtig: Wird über eine ungünstige Auswahl der klimapolitischen Instrumente die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts über Gebühr belastet, so fallen Wachstum und Beschäftigung geringer aus, und die Konsummöglichkeiten der privaten Haushalte werden eingeschränkt. Damit kann auch der Rückhalt der Klimapolitik in der Bevölkerung schwinden.

Internationale Studien zeigen, dass die Wachstumswirkung einer CO2-Bepreisung je nach Höhe und der Art der Rückerstattung zwischen plus vier und minus acht Prozent, auf 40 Jahre kumuliert, ausmachen kann. Dies verdeutlicht Chancen, aber auch die Risiken der Klimapolitik. In der öffentlichen Debatte sollten daher die Gesamteffekte der klimapolitischen Instrumente im Hinblick auf ihre ökologischen, ökonomischen und sozialen Wirkungen in den Blick genommen werden. Wenn es der neuen Bundesregierung gelingt, die Ziele der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit gemeinsam zu erreichen, wäre das eine Riesenchance für Österreich. (Tobias Thomas, 16.1.2020)