Jössas na, da haben sie fast geweint, die Autonarren, als vor zwei Jahren ruchbar wurde, dass der neue 1er von BMW erstmals mit Vorder- statt Hinterrad angeboten werden wird. Er ist nämlich im Grunde weniger der Nachfolger des alten 1er, sondern des Asien-1er. Für Fernost brachte BMW schon 2017 eine kompakte Stufenhecklimousine auf den Markt, die serienmäßig einen Vorderradantrieb hatte.

Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: der Standard

"Na und?", werden Sie fragen, wenn Sie dieses Fahrzeug genau so betrachten, wie BMW das von seinen Kunden erwartet. Denen soll es angeblich weniger um Fahrdynamik als viel mehr um Praktikabilität und mehr Platzangebot gehen. Welche Räder dabei vornehmlich angetrieben werden, ist ihnen dabei so egal wie das Verdichtungsverhältnis am zweiten und dritten Zylinder.

Hinterradantrieb

Eingefleischte BMW-Fans sind da ganz anders. Sie stehen auf den Hinterradantrieb – einfach weil es der beste Antrieb für ein Auto ist –, wir werden da an anderer Stelle noch einmal genauer darauf eingehen. Da war es schon ein Theater, als BMW die ersten M-Modelle serienmäßig mit Allradantrieb ins Portfolio aufnahm.

Was erhalten blieb, das ist das stehende Gaspedal. Das braucht man vor allem zum schnellen Zwischengas geben bei unsynchronisierten Getrieben. Im Rennsport nennt man die Technik Spitze-Hacke. Bei einem Automatik-Auto, in dem man gleich Pedale wie Füße hat, braucht man sie aber eher nicht. Das stehende Pedal ist trotzdem Kult. Wie der Hinterradantrieb.
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Über diesen will sich BMW nun beim M135i, dem vorerst stärksten 1er, drüberretten. Würden sie nämlich die mehr als 300 PS allein über die Vorderachse rauslassen, wäre das vermutlich ein elendigliches Gezerre an der Lenkung und die Reifen würden eher rauchen, als Vortrieb erzeugen. Darum schickt BMW über eine Hang-on-Kupplung überschüssige Kraft an die Hinterräder.

Der Trick mit der Übersetzung

Gut so. Machen ja die anderen ebenfalls. Na ja, nicht ganz. Ford hat das resultierende Problem erkannt und die Übersetzung der Hinterräder beim Focus RS so geändert, dass die sich ein Alzerl schneller drehen als die Vorderräder. Ein gewagter Kniff, um mehr Dynamik ins Heck zu bekommen, aber es funktioniert.

Sehr sportlich ist nicht nur der Antrieb, das sind auch die Sitze.
Foto: Guido Gluschitsch

BMW hat beim M135i auf solche Sperenzchen verzichtet. Das führt dazu, dass der Sport-1er, wie seine anderen Konkurrenten auch, im Grenzbereich zu untersteuern beginnt. Ein Problem, das bei Fronttrieblern am stärksten auftritt, aber auch dem Allradler sehr vertraut ist.

Sicher ist sicher

Das klingt jetzt nicht so gut. Ist es aber. Weil das Untersteuern der Sicherheit dient. Selbst Hinterradlern versucht man das Untersteuern anzuzüchten. Weil Unfälle mit Quereinschlag viel schlimmer enden, falls man es einmal übertrieben hat, als ein Frontalcrash, wo man alle Systeme des Aufprallschutzes bis hin zum Airbag nutzen kann.

Kofferraum? Hatter. 1200 Liter passen ins Heck des schnellen 1er, wenn man die Sitze umlegt.
Foto: Guido Gluschitsch

Der M135i ist also im Alltag leichter und unkomplizierter zu fahren, und das, obwohl immer noch 306 PS Leistung und 450 Newtonmeter den Kompakten in unter fünf Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen.

Gerade das Heck finde ich persönlich besonders schön.
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Präzisionswerkzeug

Dabei hat BMW bei Lenkung und Fahrwerk keinen Deut nachgegeben. Der M135i ist im Sportmodus eine Präzisionsmaschine. Im Komfortmodus bringt er dich aber ohne Bandscheibenvorfall komfortabel ans Ziel. Außerdem ist seine Infotainmentlandschaft auch eher die eines modernen Luxusautos und nicht die spärliche eines Rennwagens.

Wozu also die Raunzerei von uns Autonarren? Na ja, lustiger zu fahren war der Hinterradler-1er schon. Vor allem als Coupé. Aber das gibt es ja noch, es heißt halt jetzt 2er. Und von dem kommt in wenigen Wochen der M mit dem Kürzel CS und 450 PS auf den Markt. Mit Hinterradantrieb. (Guido Gluschitsch, 18.1.2020)