Seoul – Auf der Koreanischen Halbinsel ist die Situation derzeit alles andere als entspannt. Die Verhandlungen über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm stocken, Pjöngjang sieht sich seit Anfang des Jahres nicht mehr an den Teststopp für Atombomben und Langstreckenraketen gebunden und plant, in naher Zukunft eine "neue strategische Waffe" zu präsentieren. Doch in Südkorea herrscht derzeit ganz andere Empörung: über den Bartwuchs des US-Botschafters.

Der Schnurrbart von Harry Harris empört viele Südkoreanerinnen und Südkoreaner.
Foto: APA/AFP/SEBASTIEN BERGER

Harry Harris ähnelt, so die Kritik, mit seinem Schnurrbart den japanischen Kolonialherren, die während der japanischen Besetzung von 1910 bis 1945 die Koreanische Halbinsel mit eiserner Faust regierten. Die Bevölkerung war damals grausamer Unterdrückung ausgesetzt.

Alle acht japanischen Generalgouverneure (die "Hauptverwalter" Koreas) trugen während der Kolonialzeit solche Schnurrbärte, aber auch der japanische Ministerpräsident General Hideki Tōjō. Wegen der Aggressionskriege gegen China und andere asiatische Länder sowie zahlreicher Kriegsverbrechen wurde er von einem internationalen Militärtribunal nach dem Zweiten Weltkrieg zum Tod verurteilt und hingerichtet.

Bild nicht mehr verfügbar.

General Hideki Tōjō im Jahr 1941.
Foto: AP Photo, File

Ihm und den zweieinhalb Millionen japanischen Kriegstoten (und Kriegsverbrechern) ist der shintoistische Yasukuni-Schrein in Tokio gewidmet, der regelmäßig Ziel von Wallfahrten japanischer Politiker wird. Seoul protestiert immer wieder gegen diese Besuche sowie auch gegen den Geschichtsrevisionismus mehrerer Regierungsmitglieder, der die sexuelle Versklavung von mehr als 200.000 großteils koreanischen Frauen bis 1945 mit der Bezeichnung der "Trostfrauen" verharmlost.

Neuer Lebensabschnitt

US-Botschafter Harris, Sohn einer Japanerin und eines US-Amerikaners, gibt an, sich nach der Zeit beim Militär entschieden zu haben, sich einen Schnurrbart wachsen zu lassen, um den Beginn seiner diplomatischen Karriere zu markieren. Der "Korean Times" sagte er: "Ich wollte einen Schnitt zwischen meinem Leben als Militäroffizier und meinem neuen Leben als Diplomat machen." Auf die Frage, ob er den Schnurrbart zur Entspannung der Situation abrasieren würde, antwortete er, dass ihn jemand davon überzeugen müsse, dass die Beziehungen zwischen Südkorea und den USA davon profitieren würden.

Die Beziehungen zwischen Japan und Südkorea haben sich seit Oktober 2018 verschlechtert. Damals entschied das oberste Gericht Südkoreas, dass japanische Firmen Entschädigung an Südkoreaner zahlen müssen, die während der Besetzung der Koreanischen Halbinsel Zwangsarbeit leisten mussten. Japan reagierte empört. (maa, 17.1.2020)