Der persönliche Reichtum der Queen wird auf 434 Millionen Euro geschätzt – ziemlich genau die Summe, der es für die Renovierung des Buckingham Palasts bedarf.

Foto: imago images / Christian Ohde

Die Nummer sechs der Thronfolge kehrt dem Palastleben weitgehend den Rücken. Künftig will Prinz Harry selbst Geld verdienen – und die meiste Zeit mit seiner Familie in Kanada leben.

Foto: APA/AFP/Tolga Akmen

Wer bezahlt künftig für Archies Spielzeug, Meghans Ohrringe und Harrys Unterhosen? In den Verhandlungen über die künftige royale Rolle des Herzogspaares von Sussex geht es direkt oder indirekt stets um diese Frage. "Wer zahlt, schafft an" – diese Devise gilt auch im britischen Königshaus. Nicht umsonst wollen der Sechste in der Thronfolge und seine Frau "finanziell unabhängig werden", wie es vergangene Woche in der Erklärung hieß, die den "Megxit" öffentlich machte. Umgekehrt dürften die Unterhändler der Queen und von Thronfolger Prinz Charles mit Zuschüssen winken, dafür Mitspracherecht im Hinblick auf die Kommerzkarriere des Paares verlangen.

Die Logik des Kapitalismus im 21. Jahrhundert spreche gegen eine friedfertige Lösung, warnt der Economist düster: Royale No blesse sei auf Dauer unvereinbar mit den nackten kommerziellen Interessen, mit denen Celebrities ihr Geld verdienen. Harry und Meghan haben ihre Handelsmarke und Website "Sussex Royal" genannt und Patentrechte für Hunderte von Produkten beantragt, von Schlafanzügen über Fitnessberatung und Kapuzenpullis bis hin zu Kochrezepten.

Berechnung der Marke

In englischen Ohren klingt "Sussex Royal" zwar nach einer neuen Kartoffelsorte, analog zu Jersey Royal. Aber um England geht es bekanntlich nur am Rande, das Herzogspaar ist global aufgestellt, vergleichbar mit Künstlern wie Beyoncé oder Elder Statesmen wie Barack Obama.

Ob das Duo fabelhafte Summen verdienen kann oder sich mit der einen oder anderen Million abfinden muss? Brandingexperten – im modernen Kapitalismus ähnlich unverzichtbar wie die Influencer – haben längst die entsprechenden Berechnungen angestellt. Sie kamen dabei auf eine Summe von einer halben Milliarde Pfund jährlich, wobei offen bleibt, ob es sich dabei um Umsatz oder Gewinn handelt. Eine einzige gesponserte Mitteilung an ihre mehr als zehn Millionen Instagram-Jünger würde dem Duo der Website Influencer Marketing Hub zufolge 34.000 Dollar oder 30.600 Euro in die Kasse spülen, kaum weniger als das Jahreseinkommen einer durchschnittlichen Britin.

Davon ließe sich allenfalls der Personenschutz bezahlen, für den bisher noch die britischen Steuerzahler aufkommen. Dafür würde allenfalls sogar das bisher bekannte Privatvermögen der beiden ausreichen. Dem Prinzen sind aus Erbschaften seiner Mutter und seiner Urgroßmutter rund 30 Millionen Pfund oder 35,2 Millionen Euro zugeflossen; die Herzogin brachte etwas mehr als ein Zehntel davon in die Ehe ein.

Günstiger für alle Beteiligten wäre wohl, wenn sie sich auch künftig gelegentlich dem royalen Dasein widmeten: so wie Harry, als er am Donnerstag der Auslosung der Rugby-WM präsidierte. Dafür würden die Leiter der Palast-intern nur "Firma" genannten Dynastie auch die eine oder andere Million lockermachen. Immerhin ruht das Unternehmen auf soliden und diversifizierten Säulen.

Reichtum vermehrt sich

Lachsfischen in Schottland, Windräder bauen in Küstennähe, in erster Lage der Londoner Innenstadt Schallplatten oder BHs verkaufen – all diese lobenswerten Tätigkeiten fördern nicht nur das Sozialprodukt, sie machen auch der mittelständischen Geschäftsfrau große Freude, die mit Nachnamen genauso heißt wie ihr Hauptwohnsitz: Windsor. Und da mehr als die Hälfte der britischen Küste mitsamt der Zwölf-Seemeilen-Zone, 146.000 Hektar Wald- und Ackerfläche sowie Filetgrundstücke an der Regent Street in Londons Westend zum "Kronbesitz" gehören, vermehren Konsumenten, Fischer und Windmacher unaufhörlich den Reichtum Ihrer 93-jährigen Majestät.

Nicht direkt, versteht sich: Die Einnahmen des Crown Estate landen seit 1760 zunächst bei der Regierung. Damals musste einer von Elizabeths vielen klammen Vorfahren, George III, seine Ansprüche an den Staat abtreten, gegen die Zusage einer großzügigen Apanage auf Lebenszeit, versteht sich. Dem jüngsten Jahresbericht zufolge verzeichnete der "Kronbesitz" den schönen Gewinn von 343,5 Millionen Pfund, also rund 403,2 Millionen Euro; da der Königin automatisch ein Viertel zusteht, durfte sich Elizabeth II über 100,1 Millionen Euro freuen.

Teure Renovierung

Deswegen können Meghan und Harry aber noch lange nicht zukünftig Archies Windeln mit Diamanten besticken. Ein Großteil des urgroßmütterlichen Einkommens ist nämlich für die auf zehn Jahre angelegte Renovierung des Buckingham-Palastes reserviert. Dem maroden Gemäuer mit seinen 775 Räumen verdankt die Monarchin ihre jüngste Gehaltserhöhung. Im Herbst 2016 stimmte das Unterhaus der Aufstockung des royalen Anteils am Crown Estate von 15 auf 25 Prozent zu.

Die Experten der Sunday Times-Reichenliste schätzten den persönlichen Reichtum der Monarchin auf ziemlich genau jene Summe, die für die Renovierungskosten des Palastes veranschlagt wird: 369 Millionen Pfund oder 434 Millionen Euro. Zum Privatbesitz zählen die Schlösser von Balmoral und Sandringham wie ein Aktienportfolio, das Ihre Majestät mit ähnlicher Akribie studiert wie die täglich im roten Koffer gelieferten Staatspapiere.

Ihre Majestät lebt bekanntermaßen frugal, löffelt das Frühstücksmüsli aus Tupperware-Dosen in die royalen Schüsseln. Sollte von ihrem Tisch nicht genug abfallen, kann sich das Aussteigerpaar notfalls an den Thronfolger wenden. In dessen Kasse fließen jährlich mehrere Millionen Pfund aus Einkünften des Herzogtums von Cornwall; mit seiner gleichnamigen Biolebensmittelfirma machte der 71-Jährige zuletzt mehr als 235 Millionen Euro Umsatz. (Sebastian Borger aus London, 17.1.2020)