Es gibt halt nix Bessas wie wos Guats. Das hat die Oma schon gewusst. Und sie hat im Steirischen wirklich "wie" statt "als" gesagt. Und ein Volvo ist was Gutes. Vor allem im Winter. Da merkt man halt die schwedischen Gene, auch wenn Volvo inzwischen in der Hand der Chinesen ist.

Nein, das ist kein Schnee, rund um den Volvo XC90, das ist Kreide.
Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: derStandard

Die hohe Wintertauglichkeit ist eine der Eigenschaften, die sich Volvo aus den wilden 1970er- und bunten 1980er-Jahren ins Heute gerettet hat – und die Konzentration auf ein Höchstmaß an Sicherheit. Diese Vorreiterrolle geben sie auch nicht aus der Hand.

Abseits davon hat sich das Image von Volvo ziemlich stark gewandelt – Weg von Birkenstock und Klassenvorstand hin zu Premium und Stil. Dieser Anspruch gilt zwar für alle Baureihen, ist aber wegen des enormen Platzangebots gerade im XC90 besonders auffällig.

Der XC90 bietet viel Platz, oder Sitzplätze für bis zu sieben Personen.
Foto: Guido Gluschitsch

Der Große

Dieser Wagen ist wie gemacht für die Langstrecke. Souverän und komfortabel spult er Kilometer um Kilometer ab. Dabei verwöhnt er einen auch noch. Ist es draußen kalt, schaltet er automatisch beim Starten die Sitzheizung ein. Dank Head-up-Display spielt er die zum Fahren wichtigen Informationen direkt auf der Windschutzscheibe ein. Die 8-Gang-Wandlerautomatik übernimmt souverän die Schaltvorgänge, das Luftfahrwerk nimmt jeder Rille das Bumpern, und der Abstandstempomat kümmert sich um den Rest. Nur manchmal schwächelt der Autobahnassistent ein wenig.

Er ist nicht sehr mutig, wenn man von der ersten auf die zweite Spur fährt, um zu überholen. Oder nein, eigentlich ist er da schon mutig, denn er beschleunigt, sobald er den Spurwechsel bemerkt ordentlich – nur beim Überholen zögert er manchmal. Als wäre er sich nicht sicher, dass der Lastwagen auf der rechten Spur eh auf dieser bleibt. Es reicht aber ein leichter Tupfer am Gas, um das System zu beruhigen, und der Schwede zieht wieder nobel an.

Die Anzeigen in den Test-Volvos waren digital, und ein Head-up-Display hatten sie auch.
Foto: Guido Gluschitsch

Dabei schöpft er sicher nicht einmal das ganze Drehmoment von 480 Newtonmeter aus. Aber gut möglich, dass der zusätzlich eingebaute E-Motor da ein guter Helfer für solche Manöver ist.

Aus D wird B

Die Typenbezeichnung B5 auf unserem Testvolvo steht nämlich für den Mild-Hybrid-Diesel. B4 steht am Heck des XC60. Der Unterschied im Antrieb ist vor allem jener des Diesels. Der leistet im XC60 190 PS – zusammen mit den 10 PS aus dem E-Motor ergibt sich dabei eine Systemleistung von 197 PS. Der XC90 hat hingegen eine Systemleistung von 235 PS. Damit erklärt sich aber auch, dass diese Hybride keine Spritsparmeister sein können.

Der XC60 ist innen immer noch groß genug, auch wenn seine Außenabmessungen schon deutlich praktischer sind.
Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: der Standard

Dazu sind die Autos zu groß, zu stark und zu schwer. Der XC60 B4 bringt als Mild-Hybrid drei Kilogramm mehr auf sie Waage als der D4 ohne den E-Motor. Der Mild-Hybrid ist aber eine Möglichkeit, weiter Diesel zu fahren, wenn die Schweden die Selbstzünder allein nicht mehr verbauen.

Geely und Daimler

Ein komplettes Aus für den Diesel dürfte es in naher Zukunft nicht geben, das legt auch die Tatsache nahe, dass sich Volvo-Mutter Geely groß bei Daimler eingekauft hat – wohl auch, um von dort Motoren zu beziehen (kommuniziert wurde jüngst die Absicht, gemeinsam Verbrennungsmotoren zu entwickeln).

Jedenfalls lohnt, je nach Fahrprofil, sicher auch der Blick hin zu den Plug-in-Hybriden. Die gibt es, in Kombination mit Benzinmotor, vom XC60 wie auch vom XC90.

Und trotzdem ist es ein unfaires Match, die beiden SUVs zu vergleichen. Zwar schenken sie sich bei der Innenausstattung auf den ersten Blick nichts. Edles Holz und feines Leder wurden im kühlen Design kombiniert. Da schaut man beim ersten Einsteigen groß.

Weil es bei den SUVs mit der Rundumsicht nicht immer so weit her ist, hilft die Vogelperspektive beim Einparken.
Foto: Guido Gluschitsch

Doch der Test-XC60 hat ein paar Vorteile, wenn man davon absieht, dass sich im Heck des XC90 noch zwei Lehnen verstecken, die ihn, wenn man sie aufklappt, zum Siebensitzer machen. Zum einen war der XC60, den wir im Test hatten, nur ein wenig, aber doch bemerkenswert besser ausgestattet.

Winter-Extras

Die Rede ist hier vor allem von der Lenkradheizung. Die ist im Winter mit Gold nicht aufzuwiegen. Die Scheibenwaschanlage, die nicht deppert in der Gegend herumspritzt, hatten aber wieder beide. Dabei wird das Wasser direkt aus dem Scheibenwischer vor die Wischerblätter aufgesprüht.

Der größte Vorteil des XC60 ist aber, dass er um ein Eck kleiner ist, ohne dabei klein zu sein. Das merkt man in der Parkgarage – oder in Triest. Italienische Städte sind generell nicht für große SUVs gebaut. Und die Autobahnkilometer meistert der XC60 mit der gleichen Gelassenheit wie sein großer Bruder. Fehlt nix.

Für die Vogelperspektive werden die Bilder aus vier Kameras verwendet. Die Kameras für die Seitenansichten sind unter den Spiegeln montiert.
Foto: Guido Gluschitsch

Mehr als notwendig

Mit den vier Fahrmodi, die Volvo verbaut, hat man sogar mehr im Auto, als man braucht. Am besten fahren sich beide Autos im Normalmodus. Aus den beiden SUVs wird auf Knopfdruck weder ein Sportler noch ein Offroader.

Komfortabel sind beide, der XC60 lässt sich aus naheliegenden Gründen aber agiler bewegen. Günstiger ist er auch noch. Der top ausgestattete Test-XC60 kostet um 14.339 Euro weniger als der ebenfalls aufgemascherlte XC90 ohne Lenkradheizung. Obwohl, 82.500 Euro für den feschen XC60 sind auch eine Ansage – welche die Oma wohl mit "Was nix kost, is nix wert" hingenommen hätte. (Guido Gluschitsch, 20.1.2020)