Das neuartige Coronavirus (2019-nCoV), mit dem sich bisher rund 300 Menschen infiziert haben, ist von Mensch zu Mensch übertragbar. Das berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua am Montag unter Berufung auf chinesische Gesundheitsbehörden. Der Erreger ist vermutlich von einem Tier übergesprungen.

Die Zahl der bestätigten Fälle in China hatte sich am Dienstag auf rund 291 erhöht – und vervierfachte sich damit seit dem Wochenende. Außer in der zentralchinesischen Metropole Wuhan, wo es die meisten bestätigten Fälle gibt, wurde von 14 Patienten in der Südprovinz Guangdong sowie fünf in Peking im Norden und einer in Schanghai berichtet. Außerdem wurden sechs Verdachtsfälle in mehreren anderen Städten gemeldet. Nach Angaben der Behörden wurde außerdem ein sechster Todesfall durch das neuartige Coronavirus in China verursacht.

Stündlich werden neue Fälle gemeldet. Laut dem mit der Untersuchung beauftragten Gesundheitsexperten Zhong Nanshan befindet sich der Ausbruch aber noch in den Anfängen und China habe gute Überwachungs- und Quarantänesysteme, um ihn zu einzudämmen.

Nach von Landesbehörden gemeldeten Fällen in Thailand und Japan gilt inzwischen auch in Südkorea eine Infektion als bestätigt. Eine 35-jährige Chinesin habe unter Fieber, Atemproblemen und anderen Symptomen gelitten, teilten die Koreanischen Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention mit. Alle vier Patienten, die im Ausland erkrankten, waren zuvor in Wuhan. Von den bisher erfassten Patienten in der Elf-Millionen-Metropole sind 35 schwer erkrankt, davon sind neun in kritischem Zustand, wie die Gesundheitsbehörde berichtete.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping schaltete sich erstmals in die Gesundheitskrise ein und gab Anweisung, die Ausbreitung der Krankheit energisch einzudämmen. Die Sicherheit der Menschen und ihre körperliche Gesundheit habe "absoluten Vorrang", zitierte ihn das chinesische Staatsfernsehen.

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Menschen schützen sich am Flughafen in Schanghai mit Masken.
Foto: REUTERS/Aly Song

Zahl der Infizierten viel höher geschätzt

Bis Sonntag waren erst rund 60 Fälle offiziell bestätigt worden. Doch gehen Forscher am britischen Zentrum für die Analyse globaler Infektionskrankheiten am Imperial College London davon aus, dass die Ausbreitung der Krankheit sehr viel größer ist als bisher bekannt. Nach ihrer Wahrscheinlichkeitsrechnung schätzen die Experten die Zahl der Patienten auf mehr als 1.700.

Die Hiobsbotschaft von der Ausbreitung des Virus kam wenige Tagen vor dem chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag. Rund um das Fest sind jedes Jahr Millionen Chinesen per Zug, Bus oder Flugzeug im Land unterwegs, was potenziell das Risiko einer weiteren Ausbreitung des Virus steigert. Vor gut einer Woche hatten Experten die Gensequenz des neuen Virus entschlüsselt, was die Tests bei Patienten mit Lungenentzündungen unbekannter Ursache erleichtert.

Fischmarkt in Verdacht

Nach Angaben der Gesundheitsbehörden in Wuhan war das Virus zuerst im Dezember auf einem dortigen Fischmarkt aufgetreten. Einige der Infizierten hatten jedoch den Angaben zufolge gar keinen Kontakt zu dem Fischmarkt.

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Auf einem Fischmarkt in Wuhan, der mittlerweile abgeriegelt wurde, soll das Virus erstmals aufgetreten sein.
Foto: REUTERS/Stringer

Coronaviren verursachen oft harmlose Erkrankungen wie Erkältungen – allerdings gehören auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie SARS und MERS dazu. SARS steht für Severe Acute Respiratory Syndrome, also Schweres Akutes Atemwegssyndrom. An der SARS-Epidemie waren in den Jahren 2002 und 2003 knapp 350 Menschen in Festlandchina sowie knapp 300 weitere in Hongkong gestorben. Von China ausgehend waren weltweit rund 8.000 Menschen an der Lungenseuche erkrankt.

Fieberkontrollen

Die Weltgesundheitsorganisation hat ihren Notfallausschuss einberufen. Die Experten sollen am Mittwoch darüber beraten, ob eine Gesundheitsnotlage ausgerufen werden soll, wie die WHO am Montag berichtete. Eine Reisewarnung für Touristen hat die WHO bisher nicht ausgesprochen. Die US-Gesundheitsbehörde riet aber Reisenden nach Wuhan, Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder mit kranken Personen zu meiden.

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Chinesische Behören fordern alle Menschen mit Fiebersymptomen aus Wuhan auf, sich untersuchen zu lassen.
Foto: REUTERS/KIM KYUNG-HOON

Asiatische Nachbarn haben vorsorglich Fieberkontrollen bei Einreisenden aus China eingeführt. Die US-Flughäfen in New York, San Francisco und Los Angeles sowie der Flughafen Rom-Fiumicino machen Gesundheitskontrollen bei Reisenden aus Wuhan.

Österreich hat bisher noch keine vermehrten Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Es gibt auch keine Direktflüge aus Wuhan nach Österreich. Auch eine Sprecherin des größten deutschen Flughafens in Frankfurt sagte, es gebe dort momentan keine besonderen Maßnahmen. Der Flughafen sei aber mit dem Gesundheitsamt und den anderen europäischen und internationalen Flughäfen in Kontakt, da einheitlich vorgegangen werden solle. (APA, red, 20.1.2020)