Köpfezusammenstecken beim Libyen-Gipfel in Berlin.

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Der Berliner Libyen-Gipfel bringt Hoffnung auf einen Neustart der Diplomatie für das Bürgerkriegsland. Gleichzeitig war er ein Panoptikum aller Gründe dafür, warum das so schwierig ist. Dass sich die Kriegsgegner, Premier Fayez al-Serraj und der Ost- und Südlibyen dominierende General Khalifa Haftar, nicht einmal persönlich trafen, wirft ein Schlaglicht auf nur ein Detail: Keiner von beiden ist davon überzeugt, dass ein Kompromiss nötig ist – und Haftar verabscheut ihn geradezu.

Das bedeutet, die beiden können nur von außen zum Waffenstillstand und zu einem politischen Prozess gezwungen werden: nicht durch Gewalt natürlich, sondern durch die Entziehung von militärischer Unterstützung. Dazu haben sich alle Teilnehmerstaaten des Gipfels verpflichtet: Sie wollen das seit 2011 geltende Waffenembargo einhalten. Wie und wann man die bereits geleistete Hilfe wieder abzieht, von den Waffen bis zu den von Russland für Haftar und von der Türkei für Serraj entsandten Söldnern, wird erst thematisiert. Die Nachbereitung des Gipfels wird noch schwieriger werden als der Gipfel selbst.

Kontrolle über alle Milizen?

Wenn die externen Mächte ihre Versprechungen einhalten und sich die Kontrahenten auf einen echten politischen Prozess einlassen, dann wird sich zeigen, wie gut Letztere wirklich alle unter ihrem Schirm versammelten Milizen kontrollieren. Im Falle der Regierung Serraj in Tripolis wurden die disparaten Milizen, die sich den Westen Libyens aufteilten, erst durch den Angriff Haftars im April zusammengeschweißt. Wie sie sich nach Auflösung der Front verhalten werden, ist nicht so sicher. Und Haftar ließ gerade am Wochenende der Berliner Konferenz die von ihm beeinflussten "Stämme" – in Wahrheit Milizen – durchspielen, was alles möglich ist. Innerhalb von Stunden war die libysche Ölwirtschaft durch die Besetzung von Häfen, Ölfeldern und Pipelines blockiert.

Russland und die Türkei haben ihre Privatdiplomatie, vorexerziert mit mäßigem Erfolg vergangene Woche in Moskau – immerhin reiste Haftar verfrüht ab –, nun wieder in einen Uno-geführten Prozess einfließen lassen. Der nächste Schritt liegt beim Uno-Sicherheitsrat, der alle Beschlüsse in eine Resolution gießen und damit verbindlich machen müsste. Dann sollte nicht nur über Beobachtungsmissionen für den Waffenstillstand nachgedacht werden, sondern auch über Sanktionsmechanismen gegen alle, die ihm zuwiderhandeln. (Gudrun Harrer, 20.1.2020)