Es ist das Albtraumszenario jedes Erben: In der Erwartung eines großen Vermögens will man die Erbschaft antreten, muss dann aber erfahren, dass das Testament ungültig ist. Genau das ist jetzt in zwei Fällen aus Salzburg und Kitzbühel passiert.

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Wer ein Testament nicht handschriftlich verfasst hat, muss darauf achten, dass die Unterschriften dem Text eindeutig zugeordnet werden können. Sonst besteht ein Manipulationsverdacht.
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Der Hintergrund: Besteht ein Testament aus mehreren Blättern, so ist beim eigenhändigen (handschriftlichen) Testament die Gefahr einer Manipulation oder Fälschung verhältnismäßig gering, weil der gesamte Text eigenhändig geschrieben und am Ende unterschrieben werden muss. Beim fremdhändigen Testament ("Drei-Zeugen-Testament") gibt es demgegenüber zahlreiche komplizierte Formvorschriften. Insbesondere mit Blick auf die sogenannte Vorarlberger Testamentsaffäre wurden diese Formvorschriften per 1. 1. 2017 noch einmal verschärft.

Binden, Kleben oder Nähen

Der Oberste Gerichtshof hat sich nach einer grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 2018 in zwei neuen Entscheidungen (OGH 28. 11. 2019, 2 Ob 143/19x und 2 Ob 145/19s) jetzt erstmals näher dazu geäußert, wann ein fremdhändiges Testament mit mehreren Blättern gültig ist: Für die Formgültigkeit muss laut OGH entweder ein äußerer oder ein inhaltlicher Zusammenhang bestehen. Ein äußerer Zusammenhang liegt jedenfalls dann vor, wenn die einzelnen Blätter entweder vor der Leistung der Unterschriften durch Binden, Kleben oder Nähen fest miteinander verbunden werden. Eine Büroklammer oder die Aufbewahrung der losen Blätter in einem Kuvert erfüllt diese Anforderungen nicht. Immerhin reicht es, wenn die feste Verbindung erst während des Testiervorgangs ("uno actu") hergestellt wird.

Gibt es keinen derartigen äußeren Zusammenhang, ist das Testament trotzdem formgültig, wenn zwischen den losen Blättern ein "inhaltlicher Zusammenhang" besteht. Eine bloße Seitennummerierung in der Fußzeile wie im Kitzbüheler Fall begründet jedoch keine derartige innere Urkundeneinheit. Dasselbe gilt, wenn sich auf dem ersten Blatt auf der Vorder- und Rückseite der Text des Testaments befindet und die Unterschriften des Verstorbenen und der Zeugen auf dem zweiten Blatt. Auch hier fehlt es dem OGH am inhaltlichen Zusammenhang der Blätter. Liegt hingegen eine Fortsetzung des Textes über die einzelnen Blätter vor, ist das Testament wegen des inhaltlichen Zusammenhangs "gerettet".

Immer noch Unklarheiten

Aus den genannten Entscheidungen geht allerdings nicht eindeutig hervor, ob es genügt, wenn zum Beispiel auf einen Punkt "Drittens" auf dem ersten Blatt noch ein Punkt "Viertens" auf dem nächsten Blatt folgt oder ob eine Fortsetzung des Textes nur dann vorliegt, wenn etwa ein Satz auf dem ersten Blatt beginnt und auf dem nächsten Blatt endet.

Das Brisante an diesen aktuellen Entscheidungen ist, dass sie sowohl alte Testamente vor dem 1. 1. 2017 als auch neue betreffen. Wer noch lebt, sollte einen allfälligen Mangel sanieren und ein neues Testament errichten. In vielen anderen Fällen liefern die aktuellen Entscheidungen wohl Munition für heftige Auseinandersetzungen. (Gerold Oberhumer, 20.1.2020)