Rund 3.000 Führungspersönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und öffentlichem Leben treffen auf engem Raum in den Schweizer Alpen zusammen.

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Davos – Klaus Schwab bittet zum 50. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums. Donald Trump sorgt für den größten Rummel. Doch zum Jubiläum gab es auch einige Absagen. Über einen Mangel an Selbstbewusstsein kann Klaus Schwab nicht klagen. Er rühmt sich als "Professor, Manager, Visionär", er fühlt sich berufen, die "Welt zu verbessern", und sein Weltwirtschaftsforum "formt Geschichte", sagt er. In diesen Tagen dürfte Schwabs Ego noch einen kräftigen Schub erhalten. Denn der 81-jährige deutsche Ökonom und Ingenieur feiert das 50. Jahrestreffen des WEF: Vom 21. bis 24. Jänner bittet Schwab zur goldenen Versammlung in Davos.

Nirgendwo sonst kommen so viele Führungspersönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und öffentlichem Leben auf so engem Raum zusammen wie in dem Schweizer Nobelort. Die 3.000 Teilnehmer umweht der "Geist von Davos": Es ist das Gefühl, einer globalen Elite anzugehören. Bewacht werden sie von einem Großaufgebot der Polizei und der Armee. Lästige linke Demonstranten sollen nicht zu nahe kommen. Immerhin planen die Schweizer Jungsozialisten mitten in Davos einen Protestzug gegen die "Superreichen". Das Motto: "50 Jahre sind genug."

Anreise im Privatjet

Von besagten "Superreichen" finden sich tatsächlich viele in Davos ein. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge reisen 119 Milliardäre in die Schweiz, um an dem Treffen teilzunehmen. Namen wie Siemens-Chef Joe Kaeser, Youtube-Chefin Susan Wojcicki, Blackrock-Chef Larry Fink oder JP-Morgan-Chef Jamie Dimon stehen auf der Gästeliste.

Vor allem die Anreise dieser finanzkräftigen Gruppe birgt Potenzial für Kontroversen. Im Fokus steht das Weltklima, und die Reichen reisen im Privatjet an. Im Vorjahr sollen rund 1.500 private Flieger rund um den Gipfel gelandet sein, analysierte das Unternehmen Air Charter Service die Flugbewegungen rund um das Forum. Vor allem aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA und Russland kamen die Privatjets, wie es in einem Bericht des "Guardian" heißt. Eine ähnliche Zahl wird für heuer erwartet.

Klimaschutz auf der Agenda

Ganz oben auf der WEF-Agenda 2020 steht die eskalierende Erderwärmung: Wie können Firmen auf "die Risiken des Klimawandels reagieren", fragt Schwab. Unterstützung erhofft sich der frühere Hochschullehrer von der 17-jährigen Greta Thunberg. Die zornige Ikone der Klimaschutzbewegung will in der verschneiten Bergwelt den mehr als 50 Staats- und Regierungschefs ins Gewissen reden – darunter die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Den größten Rummel aber wird US-Präsident Trump auslösen. Will er wieder schimpfen, poltern und drohen? Oder entschließt sich der Immobilienmogul, die Vorzüge des Investitionsstandorts USA anzupreisen? In jedem Fall dürfte der Präsident seinen zweiten Auftritt in Davos nutzen, um sich im Wahljahr 2020 als beinharter Verteidiger Amerikas zu präsentieren.

Kein Kontakt zwischen den USA und dem Iran

Zu einer Kontaktaufnahme zwischen den Erzfeinden USA und Iran wird es indes auf dem neutralen Schweizer Boden nicht kommen. Kurz vor Beginn des Kongresses gab Teherans Außenminister Mohammad Zarif den Veranstaltern einen Korb. Auch andere Politiker, die einen Schlüssel zur Lösung von Konflikten in den Händen halten, verzichten auf den Trip in die Alpen: So fehlen Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Präsident Xi Jinping. "Ob von Davos 2020 messbare Impulse für eine friedliche Welt ausgehen werden, ist sehr fraglich", erklärt die schwedische Journalistin Gunilla von Hall, die seit Jahren über das WEF berichtet.

Schwab dürfte sich wehmütig an die großen Zeiten seines Forums erinnern. In den 90er-Jahren warb Südafrikas Präsident und Freiheitsheld Nelson Mandela in Davos um Versöhnung, Palästinenser und Israelis kamen einander ganz nahe. Im Jahr 1988 verhinderten die Premierminister Griechenlands und der Türkei einen bewaffneten Konflikt der beiden Staaten.

Erstauflage 1971

Begonnen hatte in Davos alles 1971. Damals lud der 32 Jahre alte Klaus Schwab eine Reihe von Firmenchefs zum "European Management Forum" ein. Während die Finanzmittel noch bescheiden waren, das Forum verfügte über ein Kapital von 25.000 Schweizer Franken, dachte Schwab schon groß: Er gewann Otto von Habsburg, den Sohn des letzten Kaisers, als Zugpferd für sein erstes Forum.

Über die Jahre schuf Schwab ein millionenschweres Imperium. Die Liste der Konzerne, die als "strategische Partner" des WEF dienen, liest sich wie ein Alphabet der Globalisierung: von Allianz über Bank of America, Credit Suisse, Facebook und Huawei bis hin zu KPMG und Microsoft, Unilever und Volkswagen. Den Managern dient Davos vornehmlich als Börse – für neue Kontakte und lukrative Geschäfte. Über die Deals, die in Suiten und Ballsälen der Nobelhotels eingefädelt werden, dringt so gut wie nie etwas nach außen. Geschäftsgeheimnis. Auch das gehört zum "Geist von Davos". (Jan Dirk Herbermann aus Genf, 20.1.2020)